Arzneimittel kindersicher verpacken!

neue verpackung 03-2008

Packmittel | Der Einsatz hochwertiger und zertifizierter kindergesicherter Verpackungen besitzt in keiner Branche eine derart entscheidende Bedeutung wie in der pharmazeutischen Industrie. Insbesondere bei Arzneimitteln gilt es zu verhindern, dass Kleinkinder mit diesen unbeabsichtigt in Kontakt gelangen. Die missbräuchliche Einnahme von Medikamenten durch Kleinkinder kann traumatische und lebensbedrohliche Folgen haben.

Bedauerlicher Weise liegen Arzneimittel in den Statistiken über Vergiftungsunfälle mit Kleinkindern bei den Ursachen auch heute immer noch weit vorne. Dabei bestehen die Auflagen zur kindergesicherten Verpackung von Arzneimitteln seit langem. Zudem existieren verschiedenste Verpackungslösungen, die gute Ansätze bei dem Versuch darstellen, Kleinkindern den Zugangzum Inhalt der Verpackung zu erschweren. Wiederverschließbare kindergesicherte Verpackungen mit Verschlüssen, die nach dem Prinzip „Drücken und Drehen“ funktionieren sowie spezielle kindergesicherte Blisterverpackungen sind dabei die bekanntesten. Immer wieder treten jedoch Fragen rund um den Themenkomplex kindergesicherte Verpackung von Arzneimitteln und deren Zertifizierung auf, die richtig beantwortet werden müssen, um die notwendige Sicherheit für Kleinkinder zur erreichen.

-Welche Arzneimittel müssen eigentlich kindergesichert verpackt werden, national und international?

-Welches sind geeignete kindergesicherte Verpackungen?

-Welche Anforderungen müssen kindergesicherte Verpackungen für Arzneimittel erfüllen?

-Welche Normen bestehen dazu? Wer prüft und zertifiziert kindergesicherte Verpackungen für pharmazeutische Produkte im Hinblick auf die Wirksamkeit ihrer beabsichtigten Funktion?

-Gibt es kindergesicherte Folien für Blisterverpackungen?

Rechtliche Grundlagen für die Verpackung von Arzneimitteln

Die gesetzlichen Grundlagen zur kindergesicherten Verpackung von Arzneimitteln bestehen in Deutschland aufgrund der Auflagenbefugnis der obersten Bundesbehörde laut § 28 Arzneimittelgesetz. Diese ermöglicht es in Deutschland Anordnungen zu erlassen nach denen Arzneimittel, von denen bei unkontrollierter Einnahme eine gewisse Gefahr für die Gesundheit von Kleinkindern ausgeht, kindergesichert zu verpacken sind. Auf dieser Grundlage bestehen derzeit Bestimmungen nach denen mehrere hundert Wirkstoffe in Deutschland in der Regel nur kindergesichert verpackt verkauft werden dürfen (vgl. Tabelle). Darüber hinaus werden Arzneimittel im Rahmen der Neuzulassung individuell hinsichtlich der Notwendigkeit einer kindergesicherten Verpackung geprüft. Fallen Arzneimittel in Deutschland oder Europa unter die Regelungen der kindergesichert zu verpackenden Produkte, so müssen die Verpackungen entweder der Norm DIN EN ISO 8317 (2004) für wiederverschließbare kindergesicherte Verpackungen oder der DIN EN 14375 (2004) für nicht wiederverschließbare kindergesicherte Verpackungen für pharmazeutische Produkte (früher DIN 55559) entsprechen. Die Übereinstimmung der Eigenschaften einer Verpackung mit den Anforderungen der Norm bestätigen lediglich unabhängige Prüfinstitute, welche nachweislich als Zertifizierungsstellen für kindergesicherte Verpackungen nach DIN EN 45011 akkreditiert sind, durch die Vergabe eines Zertifikates (z.B. ivm-vhildsafe.de).

Für Sie entscheidend

Der rechtliche Rahmen

-Die Grundlagen für die kindergesicherte Verpackung von Arzneimitteln ist in  Deutschland aufgrund der Auflagenbefugnis der obersten Bundesbehörde laut § 28  Arzneimittelgesetz gelegt.

-Dadurch können Anordnungen erlassen werden, nach denen Arzneimittel, von denen  bei unkontrollierter Einnahme eine gewisse Gefahr für die Gesundheit von Kleinkindern  ausgeht, kindergesichert zu verpacken sind.

-Diese Grundlage ist Basis für die Bestimmung von einigen hundert Wirkstoffen in  Deutschland, die in der Regel nur kindergesichert verpackt verkauft werden dürfen  (vgl.  Tabelle).

-Fallen Arzneimittel in Deutschland oder Europa unter die Regelungen der  kindergesichert zu verpackenden Produkte, so müssen die Verpackungen entweder der  Norm DIN EN ISO 8317 (2004) für wiederverschließbare kindergesicherte  Verpackungen oder der DIN EN 14375 (2004) für nicht wiederverschließbare  kindergesicherte Verpackungen für pharmazeutische Produkte (früher DIN 55559)  entsprechen.

-Die Übereinstimmung der Eigenschaften einer Verpackung mit den Anforderungen der  Norm bestätigen lediglich unabhängige Prüfinstitute, welche nachweislich als  Zertifizierungsstellen für kindergesicherte Verpackungen nach DIN EN 45011  akkreditiert sind, durch die Vergabe eines Zertifikates.

-Das gilt für Verpackungshersteller und die Pharmaindustrie gleichermaßen, da die  beabsichtigte Funktionsweise oder bestimmte Komponenten einer Verpackung keinen  hinreichenden Beleg für die bestehende kindergesicherte Wirkung darstellen.

-Hinsichtlich der Normen für kindergesicherte Verpackungen ISO 8317 und EN 14375  muss darauf hingewiesen werden, dass diese nahezu weltweit (mit Ausnahme der USA)   anerkannt sind.

Je nach Größe und Form einer Flasche, ist es Kleinkindern mehr oder weniger leicht möglich diese Verpackungen zu öffnen. 

Dies ist gleichermaßen für Verpackungshersteller als auch für Pharmaunternehmen von Bedeutung, da die beabsichtige Funktionsweise oder bestimmte Komponenten einer Verpackung keinen hinreichenden Beleg für die bestehende kindergesicherte Wirkung darstellen.

Anforderungen an kindergesicherte Verpackungen international gleich

Hinsichtlich der Normen für kindergesicherte Verpackungen ISO 8317 und EN 14375 muss darauf hingewiesen werden, dass diese nahezu weltweit (mit Ausnahme der USA) anerkannt sind. Die Anforderungen an die Verpackungen sind also im Wesentlichen international die gleichen. Vergleicht man hingegen die gesetzlichen Bestimmungen zur kindergesicherten Verpackung von Arzneimitteln weltweit, so lassen sich länderspezifische Unterschiede vor allem bei Art der kindergesichert zu verpackenden Wirkstoffe erkennen. Es bestehen hier sehr unterschiedliche Regelungen, die durch voneinander abweichende Wirkstofflisten in einigen Staaten, der völligen Abwesenheit von Auflagen in anderen Ländern, bis hin zum nahezu vollständigen verpflichtenden Einsatz von kindergesicherten Verpackungen für alle verschreibungspflichtigen Arzneimittel z. B. in den USA (vgl. US 16 CFR § 1700.15) reichen. Für international tätige pharmazeutische Unternehmen bedeutet dies, dass sie sich einer Vielzahl unterschiedlicher nationaler Bestimmungen ausgesetzt sehen, die für einige Produkte mal den Einsatz kindergesicherter Verpackungen verlangen und in anderen Fällen nicht. Aus diesem Grund ist die Verwendung von hochwertigen zertifizierten kindergesicherten Verpackungen gerade hier besonders wichtig um der Vielfalt nationaler Regelungen im internationalen Vergleich verantwortungsvoll auf die richtige Weise zu begegnen. Bei den Normen für kindergesicherte Verpackungen sind für Arzneimittel neben der ISO 8317 sowie der EN 14375 insbesondere die leicht abweichenden US-amerikanischen Bestimmungen nach US 16 CFR § 1700.20 (sowohl für wiederverschließbare und nicht wiederverschließbare kindergesicherte Verpackungen) zu beachten, welche bei der Zulassung und dem Vertrieb in den Vereinigten Staaten belegt werden müssen.

Nur vollständige Verpackungen können als zertifiziert werden

Im Hinblick auf kindergesicherte Verpackungen für pharmazeutische Produkte bestehen häufig falsche Vorstellungen, die nach einer Aufklärung und Korrektur verlangen. So kommt es immer wieder vor, dass bestimmte Deckfolien zum Aufbau von Blisterverpackungen für Arzneimittel als kindergesichert bezeichnet werden. Dieser Vorstellung folgend wird dann der Schluss gezogen, dass alle Blisterverpackungen, welche unter Verwendung der vermeintlichen Folie produziert werden, kindergesichert seien. Diese Vorstellung ist falsch. Es ist durchaus möglich, das eine Deckfolie in Kombination mit einer bestimmten Formfolie und den darin verpackten Tabletten die Anforderungen der EN 14375 erfüllt, dass die gleiche Deckfolie kombiniert mit einer anderen Formfolie jedoch keinesfalls kindersicher ist. Die richtige kindergesicherte Funktionsweise einer Blisterverpackung ergibt sich erst durch das Zusammenwirken unterschiedlicher Einflussgrößen wie z. B. die Eigenschaften der Deckfolie (Material, Festigkeit, Flexibilität etc.), die Eigenschaften der Formfolie (Material, Größe und Form der Kavitäten etc.) aber auch weitere Einflüsse wie z. B. eine Perforation. Ein Blister aus den identischen Materialien kann lediglich durch eine Variation der Größe der Kavitätiven mal die Anforderungen der EN 14375 erfüllen und zertifizierfähig sein und in anderen Fällen absolut nicht kindersicher sein. Das Gleiche gilt im Umkehrschluss für eine Veränderung der Größe der abgepackten Tabletten. Sobald die Kavitäten eines Blisters deutlich größer sind als die verpackte Tablette, wird es auch bei vergleichsweise stabilen Deckfolien Kleinkindern leicht möglich sein, diese mit den Fingernägeln durchzudrücken. In diesen Fällen endet dann auch jede Kindersicherheit. Für das Design kindergesicherter Blisterverpackungen folgt daraus, das jeder Blister eine aufeinander abgestimmte Einheit aus Deckfolie, Formfolie, Geometrie und verpackter Tablette darstellt, wobei deren Zusammenwirken Berücksichtigung finden muss. Schließlich bedeutet dies für die Prüfung und Zertifizierung von Blisterverpackungen nach EN 14375, dass diese nur für eine einzelne als Einheit definierte Verpackung erfolgen kann; nur für diese kann die kindergesicherte Funktionsweise belegt werden. Eine Verallgemeinerung der Ergebnisse ist nicht möglich. Somit gibt es auch keine kindergesicherten oder zertifizierten Deckfolien. Ein ähnliches Problem besteht für wiederverschließbare Verpackungen, welche aus einer Flasche und einem Verschluss bestehen, der zum Öffnen hinunter gedrückt werden muss. Geprüft und auf Kindersicherheit nach ISO 8317 zertifiziert werden kann nur eine vollständige Verpackung bestehend aus Verschluss und Flasche. Je nach Größe und Form einer Flasche, ist es Kleinkindern mehr oder weniger leicht möglich diese Verpackungen zu öffnen. Auch Materialeigenschaften der Flasche (z. B. Glas oder PET) können die Eigenschaften einer wiederverschließbaren kindergesicherten Verpackung in die eine oder andere Richtung positiv oder negativ beeinflussen und müssen Berücksichtigung finden. Allerdings bietet die ISO 8317 die Möglichkeit die Prüfung der Gesamtheit der möglichen Kombinationen aus Verschluss und unterschiedlichen Flaschenvolumen zu reduzieren, wenn die Verpackung (bestehend aus Verschluss und Behälter) die Anforderungen der ISO 8317 in der kleinsten und der größten verfügbaren Volumengröße erfüllt. Bei der Zertifizierung von solchen „Verpackungsfamilien“ gelten dann die Volumen innerhalb des geprüften Volumenintervalls als ebenfalls zertifiziert und als normenkonform.

Auszug der in Deutschland kindergesichert zu verpackenden Wirkstoffe in Arzneimitteln

Acetylsalicylsäure, Amitryptilin, Carbamazepin, Chloroquin, Clomipramin, Codeinphosphat,
Desipramin, Dextromethorphan, Dibenzepin, Diclofenac, Dihydrocodein, Doxepin, Eisen in der Form
von FE (II)- oder FE(III)-Verbindungen, Ethanzamid, Famprofazon, Feclobuzon, Flurbiprofen, Gentisinsäure, Hydroxychloroquin, Ibuprofen, Imipramin, Indometazin, Kebuzon, Ketoprofen, Lithiumsalze, Lofepramin, Maprotilin, Mefenaminsäure, Metamizol-Calcium, -Magnesium,-Natrium, Mofebutazon, Naproxen, Nifenazon, Nomifensin, Nortiptylin, Paracetamol, Phenazon, Phenylbutazon, Phenylbutazon-Natrium, Piroxicam, Propyphenazon, Salicylamid, Salicylsäure, Salze und Molekülverbindungen der genannten Stoffe, Tilidinhydrochlorid, Tramadolhydrochlorid, Tradozon, Trimipramin
 

Rechtzeitig an Kinderhände denken

Bei der Verpackung von Arzneimitteln sollten Hersteller und Verpacker das Thema Kindersicherheit frühzeitig berücksichtigen und diesem auf verantwortungsvolle Art und Weise begegnen. In der Regel ist eine kindergesicherte Verpackung dann auf leichte und günstige Weise zu erreichen. Viele unterschiedliche Möglichkeiten bestehen sowohl, wenn es um die Entwicklung von wiederschließbaren als auch von nicht wiederverschließbaren kindergesicherten Verpackungen geht. Die Komplexität des Aufbaus von kindergesicherten Blisterverpackungen sollte nicht unterschätzt werden. Vorteilhaft ist es hier innerhalb der Planung durch unterschiedliche Varianten einen gewissen Handlungsspielraum zu erhalten. Die Frage, ob die Verpackung in der kritischen Situation auch die gewollte Sicherheitsfunktion erfüllt darf nicht dem Zufall überlassen werden, dazu sind die möglichen Folgen für Verbraucher, Produzent und Verpacker zu weitreichend. Daher führt an der Prüfung und Zertifizierung der für ein Arzneimittel individuell gestalteten kindergesicherten Verpackung kein Weg vorbei.  

Weitere Informationen

Hilfestellungen rund um das Thema Entwicklung und Zertifzierung von kindergesicherten Verpackungen erhalten Sie durch das ivm Institut VerpackungsMarktforschung. Das ivm besitzt seit mehr als 30 Jahren die hierzu notwendige Erfahrung und ist als Zertifizierungsstelle

für kindergesicherte Verpackungen durch die DAP Deutsches Akkreditierungssystem Prüfwesen GmbH nach DIN EN 45011 akkreditiert. Zusätzliche Informationen finden Sie zudem zum Thema auf der Internetseite des ivm unter www.ivm-childsafe.de.

 

 

Arzneimittelverpackung – kindersicher und seniorenfreundlich

Swiss Packaging Newsletter 03-2008

Neuartige Verpackungen für Medikamente sollen zum einen kindersicher, zum anderen für Erwachsene leicht zu öffnen sein. Aktuelle Entwicklungen wie Dial-Blister, Slide-Pack, Medi-Lock-Box und Blister mit kindersicherer Folie sollen diesem Anspruch gerecht werden.

Oftmals beweisen bereits die Kleinsten unerwartete Fertigkeiten und grosses Geschick, um an den verführerisch anmutenden Inhalt von Arzneimittelverpackungen zu gelangen. Dieser kindliche Wissens- und Tatendrang kann schwerwiegende und gefährliche Folgen haben. Jährlich erleiden etwa 100.000 Kinder Vergiftungsunfälle. 10.000 davon müssen im Krankenhaus behandelt werden, in 500 Fällen ist der Verlauf lebensbedrohlich.
Besonders gefährdet sind dabei Kleinkinder im Alter zwischen 10 und 54 Monaten, da diese ihre Umwelt durch Lutschen und Kauen erkunden und dabei vieles in den Mund stecken oder herunterschlucken. Speziell die attraktive Aufmachung zahlreicher Arzneimittelverpackungen sowie die in ihrer äusseren Erscheinung Produkten der Süsswarenindustrie nicht unähnlichen festen oralen Darreichungsformen machen diese für Kinder besonders reizvoll. Auch die Tatsache, dass viele Medikamente zunächst süss schmecken und demzufolge nicht gleich wieder ausgespuckt werden, machen Arzneimittel in Kinderhänden ausserordentlich gefährlich.

USA als Vorreiter
In den USA kamen bereits vor mehr als 50 Jahren infolge zahlreicher Vergiftungsunfälle von Kindern unter fünf Jahren mit Haushaltschemikalien und Medikamenten erste Forderungen von Kinderärzten hinsichtlich einer Verbesserung des Schutzes von Kindern auf. Ein erster Beschluss, die Anzahl der Tabletten pro Packung zu limitieren, reduzierte zwar die Schwere der Vergiftungen, nicht jedoch die Zahl der Unfälle. Daher sollte mithilfe der Verpackung dafür gesorgt werden, dass Kinder nicht an den gefährlichen Inhalt gelangen. Erste unabhängige Studien mit so genanntenDrück-Dreh-Verschlüssen verringerten die Zahl der Vergiftungen deutlich. Ähnliche Studien ausserhalb der USA zeigten vergleichbare Resultate. Die Ergebnisse führten 1970 in den USA zur Einführung des «Poisons Prevention Packaging Act» (PPPA), der weltweit ersten Vorschrift, die sich der Thematik der kindersicheren Verpackung von potenziell gesundheitsgefährdenden Substanzen widmet. Sie beinhaltet eine erste allgemeine, noch heute gültige Definition für kindergesicherte Verpackungen (siehe Kasten).

Auszug aus dem Poisons Prevention Packaging Act
Spezialverpackungen sind so herzustellen oder entwerfen, dass es Kindern unter fünf Jahren deutlich erschwert wird, diese innerhalb einer gewissen Zeit zu öffnen oder Zugang zu einer toxischen oder gesundheitsgefährdenden Menge der enthaltenen Substanz zu erlangen, gleichzeitig aber einem durchschnittlichen Erwachsenen den ordnungsgemässen Gebrauch nicht erschwert. Dies bedeutet aber nicht, dass die Verpackung von Kindern nicht geöffnet werden könnte beziehungsweise sie nicht an deren Inhalt gelangen liesse.

In Europa gab es ähnliche Bestrebungen, gemessen an den USA allerdings bis heute mit zeitlicher Verzögerung. Im PPPA sind sowohl die Anforderungen an kindersichere Verpackungen definiert, als auch eine Liste der Substanzen enthalten, die kindersicher verpackt werden müssen. In Europa gibt es hingegen verschiedene Normen, die diese Sachverhalte regeln. So finden sich in den EU-Richtlinien 1999/45 (Zubereitungsrichtlinie) und 1967/548 Listen von Substanzen und Zubereitungen, für die kindersichere Verpackungen vorgeschrieben sind. In der Bundesrepublik wurden diese Richtlinien über die Gefahrstoffverordnung in nationales Recht überführt. Arzneimittel sind von den Vorschriften der genannten EU-Richtlinien jedoch explizit ausgenommen (5, 6). Allerdings finden sich im § 28 des Arzneimittelgesetzes (AMG) relevante Normen hinsichtlich der kindersicheren Verpackung von Arzneimitteln. Dieser Paragraph ermächtigt die zuständige Bundesoberbehörde, die Zulassung mit Auflagen zu verknüpfen, um sicherzustellen, dass das Arzneimittel in einem Behältnis mit bestimmter Form, bestimmtem Verschluss oder sonstiger Sicherheitsvorkehrung in den Verkehr gebracht wird, soweit es geboten ist, um die Einhaltung der Dosierungsanleitung zu gewährleisten oder um die Gefahr des Missbrauchs durch Kinder zu verhindern. Einen Auszug der in der entsprechenden Verordnung der Bundesoberbehörde genannten Arzneistoffe, die kindersicher verpackt werden müssen, ist in der Tabelle dargestellt.

analgetische und antitussive Morphinabkömmlinge Dihydrocodein, Hydrocodon, Morphin, Noscapin
Antidepressiva und Stoffe zur Veränderung des Antriebsniveaus Amitryptilin, Desipramin, Doxepin, Lithiumsalze, Maprotilin, Opipramol
Sedativa beziehungsweise Hypnotika Alkalibromide, Erdalkalibromide, Primidon, Pyrithyldion
Eisenpräparate Eisen in Form von Fe(II)- oder Fe (III)-Verbindungen

Die Anforderungen, die in Europa an kindergesicherte Verpackungen gestellt werden (je nachdem, ob es sich um eine wieder oder nicht wieder verschliessbare Verpackung handelt), finden sich in den Normen DIN EN ISO 8317 und DIN EN 862.
Da Letztere nicht für pharmazeutische Produkte zur Anwendung kommt, wird sie hier nicht näher betrachtet. Für nicht wieder verschliessbare Verpackungen für Pharmazeutika gilt stattdessen die DIN EN 14375.

DIN EN ISO 8317
Gemäss der DIN EN ISO 8317 Vorschrift für wieder verschliessbare Arzneimittelverpackungen erfolgt die Prüfung an zwei verschiedenen Personenkollektiven, um einerseits auf Kindersicherheit, anderseits auf Seniorenfreundlichkeit zu prüfen. Die Prüfung hat an mindestens drei unterschiedlichen Prüforten stattzufinden und muss von drei verschiedenen Prüfern durchgeführt werden. Die Prüfung auf Kindersicherheit erfolgt mit Kleinkindern im Alter von 42 bis 51 Monaten, von denen je die Hälfte weiblich beziehungsweise männlich sein soll. Die Prüfung findet in einer den Kinder vertrauten Umgebung wie im Kindergarten statt, erfolgt aber räumlich getrennt von anderen Kindern und in Abwesenheit der Eltern. Bei den Prüfpackungen handelt es sich um aus der laufenden Produktion entnommene Packungen, die mit einer ungefährlichen Ersatzsubstanz gefüllt werden. Diese Packungen werden vor der Prüfung durch entsprechend geschultes Personal einmal geöffnet und wieder richtig verschlossen. Um unerwünschte Lerneffekte zu vermeiden, dürfen die Kinder an nicht mehr als zwei Prüfungen pro Jahr mit unterschiedlichen Packungen teilnehmen. Die Kinder werden paarweise fünf Minuten lang wiederholt dazu aufgefordert, die Packung zu öffnen. Gelingt es den Kindern während dieser fünf Minuten nicht, die Packung zu öffnen, wird ihnen der Öffnungsvorgang vom Prüfpersonal demonstriert, allerdings ohne Hinweise oder gezielte Erklärungen (= verdeckte Demonstration). Danach haben die Kinder erneut 5 fünf Minuten Zeit, um die Verpackung zu öffnen. Die Packung gilt als kindersicher, wenn vor der Demonstration in den ersten fünf Minuten mindestens 85 Prozent der Kinder und nach Demonstration mindestens 80 Prozent der Kinder nicht in der Lage waren, die Verpackung zu öffnen. Dabei erfolgt die Auswertung nach dem Sequenzialverfahren, um die Anzahl der benötigten Kinder zu reduzieren. Bei diesem Verfahren wird das Ergebnis jeder einzelnen Prüfung unmittelbar nach der Prüfung in einem vorgegebenen Schemata eingetragen. Bei Öffnung der Verpackung durch das Kind wird das Kästchen im  Sequentialtableau oberhalb vom vorherigen ausgefüllt, falls das Kind die Packung im vorgegebenen Zeitraum nicht öffnen konnte, wird das Kästchen rechts dem der vorherigen Prüfung gekennzeichnet. Der Korridor der möglichen Ergebnisse nimmt einen treppenförmigen Verlauf mit einer oberen und unteren Grenze. Wird die obere Grenze erreicht, gilt die Prüfung als «nicht bestanden», wohingegen bei Erreichen der unteren Grenze die Prüfung als «bestanden» gilt. Die Seniorenfreundlichkeit wird an Testpersonen im Alter zwischen 50 und 70 Jahren getestet. Die früher geltende Norm zog noch Erwachsene im Alter zwischen 18 und 65 Jahren zur Prüfung heran, was zur Folge hatte, dass Verpackungen als Erwachsenen beziehungsweise seniorenfreundlich eingestuft wurden, die besonders von Personen in fortgeschrittenem Lebensalter trotzdem nur schwer zu öffnen waren. Die neue Festsetzung des Alters der Testpersonen trägt dem Rechnung. Den Probanden wird eine schriftliche Anleitung zum Öffnen der Verpackung vorgelegt, danach haben diese ebenfalls fünf Minuten Zeit, um die Packung zu öffnen. Sollte es eine Testperson in der vorgegebenen Zeit nicht schaffen, die Verpackung zu öffnen, wird der Test mit einer normalen, nicht kindergesicherten Verpackung wiederholt, um zu überprüfen, ob eventuell generelle Probleme beim Öffnen von Verpackungen bestehen. Falls die Testperson es nicht schaffen sollte, diese Vergleichspackung binnen einer Minute zu öffnen, wird sie aus dem Test ausgeschlossen, sollte sie es hingegen schaffen, die «ungesicherte» Verpackung zu öffnen, wird dies als negatives Ergebnis für die Seniorenfreundlichkeit der zu testenden Verpackung verbucht. Wurde die Packung erfolgreich geöffnet, wird der Proband aufgefordert, die Packung wieder ordnungsgemäss zu verschliessen, um zu überprüfen, ob er erkennt, wann der sichere Wiederverschluss erreicht ist. Diese Seniorenfreundlichkeitsprüfung gilt als bestanden, wenn mindestens 90 Prozent der getesteten Personen die Verpackung binnen einer Minute erfolgreich öffnen und wieder korrekt verschliessen können.

DIN EN 14375
Der Ablauf der Prüfung für nicht wieder verschliessbare Arzneimittelverpackungen nach DIN EN 14375 sowie Anzahl und Alter der Testpersonen entsprechen der Prüfung gemäss DIN EN ISO 8317. Untersucht werden hierbei vor allem Blister. Zur Diskussion steht immer noch die Anzahl der Einheiten (Tabletten), derer sich die Kinder bei der Prüfung der Verpackung bemächtigen dürfen, damit die Prüfung als nicht bestanden gilt. In der derzeit gültigen Form der Norm gilt eine Grenze von acht Einheiten, unterhalb der der Blister als kindersicher eingestuft wird, unabhängig von der Dosis und der Toxizität des Medikamentes. Ganz anders sind die gesetzlichen Bestimmungen in den USA. Dort dürfen sich Kinder keinen Zugang zu einer Dosis verschaffen, die ernsthafte Schäden bewirken kann. Dies ist jedoch bereits bei wenigen Einheiten, im Extremfall bei nur einer Tablette möglich. Aus diesem Grund haben sich der Verbraucherrat, das BfArM sowie die Giftinformationszentralen der Bundesrepublik gegen die Annahme dieser Norm ausgesprochen und gefordert, die Anzahl der Tabletten, die ein Kind entnehmen darf, herabzusetzen In diesem Zusammenhang ist jedoch darauf hinzuweisen, dass es ein Trugschluss ist, zu glauben, dass Arzneimittel deren Blisterstreifen weniger als acht Dosiseinheiten umfasst, nicht kindergesichert sein müssten oder sogar automatisch als kindersicher gelten. Denn auch für diese gilt, dass im Test mindestens zehn Dosiseinheiten vorgelegt werden müssen. Die Packung gilt als seniorenfreundlich, wenn im Einminutentest Zugang zu mindestens einer Dosiseinheit geschaffen werden kann.

Aktuelle Entwicklungen

Beim Dial-Blister ist jede Kapsel einzeln verblistert. Durch das Abreissen der Plastiklasche rechts von der Kapsel, wird der Blister aus seiner Verankerung freigegeben und frei drehbar Erst wenn der Blister in die richtige Position gedreht wurde, nämlich so, dass die Kapsel vertikal entsprechend den gelben Pfeilen ausgerichtet ist, stimmt die Kapselausrichtung mit der Perforation der Sollbruchstelle des Blisters überein und die Kapsel kann nach hinten herausgedrückt werden.Beim so genannten Slide-Pack handelt es sich um die Spezialform eines Wallets. Der Blister ist auf der Oberseite in einer Pappkarte fixiert. Auf der Rückseite befindet sich zwischen Blister und Papprückwand eine bewegliche Plastikscheibe . In der Plastikscheibe und Papprückwand des Wallets befinden sich vorgestanzte Öffnungen, durch die die Tabletten herausgedrückt werden. Dies ist jedoch nur möglich, wenn die Plastikscheibe mit dem Finger in Pfeilrichtung nach rechts bewegt und während des Herausdrückens in dieser Position gehalten wird, da nur in dieser Position der Tablettennapf, die Öffnung der Plastikscheibe und die des Pappkartons deckungsgleich zum Liegen kommen. In der Grundposition der Plastikscheibe in diese gegen den Blister verschoben und verhindert so ein Herausdrücken der Arzneiform aus dem Blister. Ein Beispiel für eine kindersichere Sekundärverpackung ist die Medi-Lock-Box. Durch den benötigten Kraftaufwand und die erforderliche Fingerfertigkeit wird Kindern das Öffnen der Verpackung erschwert. Dabei wird zuerst der Druckknopf auf der Frontseite der Box betätigt und der Deckel dabei leicht angehoben, anschliessend werden mit Daumen und Zeigefinger zwei weitere Druckpunkte auf den Schmalseiten der Box gedrückt gehalten und der Deckel komplett geöffnet. Zwar sind die bisher vorgestellten Methoden beziehungsweise Modelle zielführend, jedoch ist der Produktionsprozess relativ kompliziert und demzufolge teuer. Eine wesentlich einfachere und sicherlich praktikablere Variante, den Inhalt von Arzneimittelverpackungen vor dem Zugriff von Kindern zu schützen, sind Blister mit so genannter kindersicherer Deckfolie. Kindersichere Deckmaterialien bestehen aus einer Aluminiumfolie, kaschiert mit einer Reihe anderer Folien. Sorgfältig aufeinander abgestimmte Haftkräfte zwischen den Verbundlagen dienen dazu, die gewünschten, für das Endprodukt notwendigen Eigenschaften wie Peelen/Durchdrücken, Aufpeelen oder Aufreissen, zu erreichen. Häufig handelt es sich dabei um Laminate mit Polyester- und Polyamidfolien, die den nötigen Druckwiderstand und gute Peelbarkeit liefern, allerdings gibt es eine relativ grosse Bandbreite kindersicherer Deckfolienverbunde für Blisterpackungen sowohl in der peelbaren als auch in der Peel-Push-Variante. Diese drei genannten unterschiedlichen Ausprägungen von Blistern mit kindersicherer Deckfolie unterscheiden sich leicht in den schrittweise aufeinander folgenden Handgriffen zum Öffnen des Blisters:

– Peel-/Durchdrückversion
(Peel-Push-Blister )
– Aufreissversion
(Tear-Blister )
– Aufpeelversion
(Peel-Blister

Fazit
Die Verpackungsindustrie entwickelt gemeinsam mit der Pharmabranche kreative und vor allem zunehmend einfacher herzustellende und handzuhabende Verpackungen. Dies dient zum einen dazu, die rechtlichen Anforderungen zu erfüllen, zum anderen wird damit dem natürlichen Interesse Rechnung getragen, Kinder vor schwerwiegenden oder gar lebensbedrohlichen Vergiftungen zu schützen. Erschienen in pharmazeutische-zeitung.de

Anschrift des Verfassers:
Andreas S. Ziegler
Flurstrasse 2
90613 Grosshabersdorf
andreas.s.ziegler@gmx.de

Literatur

1. Der grüne Saft schmeckt komisch, Vergiftungsunfälle bei Kindern, pressedienst
das gesunde Kind pgk, Jg. 39, 5/6 (2005)

2. Damit kindliche Neugier nicht gefährlichwird. Wirksamer Schutz durch kindergesicherte
Pharmaverpackungen Close-up Ausgabe 1/2004

3. Bundesvereinigung für Gesundheit e. V. und Informationszentrale gegen Vergiftungen,
Bonn für die Bundesarbeitsgemeinschaft «Kindersicherheit»

4. Kindergesicherte und seniorengerechte Verpackung: Zwei Generationen, ein
Thema Horst Antoschinski

5. EU-Richtlinien 1999/45

6. EU-Richtlinien 1967/548

7. 14. AMG-Novelle gültig ab 06.09.2005

8. Kindergesicherte Verpackung für Arzneimittel, Anordnung einer Auflage nach
§ 28 AMG vom 17.09.1984

9. www.childproofpackaging.com/seq/[10] DIN Deutsches Institut für Normung e.V. 2004

10. US Environmentoal Protecting gency: Colbert Packaging Corporation: PharmaDial

11. US Environmentoal Protecting Agency: Cardinal Health: Slide Pack

12. US Environmentoal Protecting Agency: Intini Marketing Inc. Medi-Lock

13. Alcan Packaging Singen GmbH, www.alcanpackaging.com

 

 

 

 

Arzneimittel kindersicher verpacken!

neue verpackung 03-2008

Packmittel | Der Einsatz hochwertiger und zertifizierter kindergesicherter Verpackungen besitzt in keiner Branche eine derart entscheidende Bedeutung wie in der pharmazeutischen Industrie. Insbesondere bei Arzneimitteln gilt es zu verhindern, dass Kleinkinder mit diesen unbeabsichtigt in Kontakt gelangen. Die missbräuchliche Einnahme von Medikamenten durch Kleinkinder kann traumatische und lebensbedrohliche Folgen haben.

Bedauerlicher Weise liegen Arzneimittel in den Statistiken über Vergiftungsunfälle mit Kleinkindern bei den Ursachen auch heute immer noch weit vorne. Dabei bestehen die Auflagen zur kindergesicherten Verpackung von Arzneimitteln seit langem. Zudem existieren verschiedenste Verpackungslösungen, die gute Ansätze bei dem Versuch darstellen, Kleinkindern den Zugangzum Inhalt der Verpackung zu erschweren. Wiederverschließbare kindergesicherte Verpackungen mit Verschlüssen, die nach dem Prinzip „Drücken und Drehen“ funktionieren sowie spezielle kindergesicherte Blisterverpackungen sind dabei die bekanntesten. Immer wieder treten jedoch Fragen rund um den Themenkomplex kindergesicherte Verpackung von Arzneimitteln und deren Zertifizierung auf, die richtig beantwortet werden müssen, um die notwendige Sicherheit für Kleinkinder zur erreichen.

-Welche Arzneimittel müssen eigentlich kindergesichert verpackt werden, national und international?

-Welches sind geeignete kindergesicherte Verpackungen?

-Welche Anforderungen müssen kindergesicherte Verpackungen für Arzneimittel erfüllen?

-Welche Normen bestehen dazu? Wer prüft und zertifiziert kindergesicherte Verpackungen für pharmazeutische Produkte im Hinblick auf die Wirksamkeit ihrer beabsichtigten Funktion?

-Gibt es kindergesicherte Folien für Blisterverpackungen?

Rechtliche Grundlagen für die Verpackung von Arzneimitteln

Die gesetzlichen Grundlagen zur kindergesicherten Verpackung von Arzneimitteln bestehen in Deutschland aufgrund der Auflagenbefugnis der obersten Bundesbehörde laut § 28 Arzneimittelgesetz. Diese ermöglicht es in Deutschland Anordnungen zu erlassen nach denen Arzneimittel, von denen bei unkontrollierter Einnahme eine gewisse Gefahr für die Gesundheit von Kleinkindern ausgeht, kindergesichert zu verpacken sind. Auf dieser Grundlage bestehen derzeit Bestimmungen nach denen mehrere hundert Wirkstoffe in Deutschland in der Regel nur kindergesichert verpackt verkauft werden dürfen (vgl. Tabelle). Darüber hinaus werden Arzneimittel im Rahmen der Neuzulassung individuell hinsichtlich der Notwendigkeit einer kindergesicherten Verpackung geprüft. Fallen Arzneimittel in Deutschland oder Europa unter die Regelungen der kindergesichert zu verpackenden Produkte, so müssen die Verpackungen entweder der Norm DIN EN ISO 8317 (2004) für wiederverschließbare kindergesicherte Verpackungen oder der DIN EN 14375 (2004) für nicht wiederverschließbare kindergesicherte Verpackungen für pharmazeutische Produkte (früher DIN 55559) entsprechen. Die Übereinstimmung der Eigenschaften einer Verpackung mit den Anforderungen der Norm bestätigen lediglich unabhängige Prüfinstitute, welche nachweislich als Zertifizierungsstellen für kindergesicherte Verpackungen nach DIN EN 45011 akkreditiert sind, durch die Vergabe eines Zertifikates (z.B. ivm-vhildsafe.de).

Für Sie entscheidend

Der rechtliche Rahmen

-Die Grundlagen für die kindergesicherte Verpackung von Arzneimitteln ist in  Deutschland aufgrund der Auflagenbefugnis der obersten Bundesbehörde laut § 28  Arzneimittelgesetz gelegt.

-Dadurch können Anordnungen erlassen werden, nach denen Arzneimittel, von denen  bei unkontrollierter Einnahme eine gewisse Gefahr für die Gesundheit von Kleinkindern  ausgeht, kindergesichert zu verpacken sind.

-Diese Grundlage ist Basis für die Bestimmung von einigen hundert Wirkstoffen in  Deutschland, die in der Regel nur kindergesichert verpackt verkauft werden dürfen  (vgl.  Tabelle).

-Fallen Arzneimittel in Deutschland oder Europa unter die Regelungen der  kindergesichert zu verpackenden Produkte, so müssen die Verpackungen entweder der  Norm DIN EN ISO 8317 (2004) für wiederverschließbare kindergesicherte  Verpackungen oder der DIN EN 14375 (2004) für nicht wiederverschließbare  kindergesicherte Verpackungen für pharmazeutische Produkte (früher DIN 55559)  entsprechen.

-Die Übereinstimmung der Eigenschaften einer Verpackung mit den Anforderungen der  Norm bestätigen lediglich unabhängige Prüfinstitute, welche nachweislich als  Zertifizierungsstellen für kindergesicherte Verpackungen nach DIN EN 45011  akkreditiert sind, durch die Vergabe eines Zertifikates.

-Das gilt für Verpackungshersteller und die Pharmaindustrie gleichermaßen, da die  beabsichtigte Funktionsweise oder bestimmte Komponenten einer Verpackung keinen  hinreichenden Beleg für die bestehende kindergesicherte Wirkung darstellen.

-Hinsichtlich der Normen für kindergesicherte Verpackungen ISO 8317 und EN 14375  muss darauf hingewiesen werden, dass diese nahezu weltweit (mit Ausnahme der USA)   anerkannt sind.

Je nach Größe und Form einer Flasche, ist es Kleinkindern mehr oder weniger leicht möglich diese Verpackungen zu öffnen. 

Dies ist gleichermaßen für Verpackungshersteller als auch für Pharmaunternehmen von Bedeutung, da die beabsichtige Funktionsweise oder bestimmte Komponenten einer Verpackung keinen hinreichenden Beleg für die bestehende kindergesicherte Wirkung darstellen.

Anforderungen an kindergesicherte Verpackungen international gleich

Hinsichtlich der Normen für kindergesicherte Verpackungen ISO 8317 und EN 14375 muss darauf hingewiesen werden, dass diese nahezu weltweit (mit Ausnahme der USA) anerkannt sind. Die Anforderungen an die Verpackungen sind also im Wesentlichen international die gleichen. Vergleicht man hingegen die gesetzlichen Bestimmungen zur kindergesicherten Verpackung von Arzneimitteln weltweit, so lassen sich länderspezifische Unterschiede vor allem bei Art der kindergesichert zu verpackenden Wirkstoffe erkennen. Es bestehen hier sehr unterschiedliche Regelungen, die durch voneinander abweichende Wirkstofflisten in einigen Staaten, der völligen Abwesenheit von Auflagen in anderen Ländern, bis hin zum nahezu vollständigen verpflichtenden Einsatz von kindergesicherten Verpackungen für alle verschreibungspflichtigen Arzneimittel z. B. in den USA (vgl. US 16 CFR § 1700.15) reichen. Für international tätige pharmazeutische Unternehmen bedeutet dies, dass sie sich einer Vielzahl unterschiedlicher nationaler Bestimmungen ausgesetzt sehen, die für einige Produkte mal den Einsatz kindergesicherter Verpackungen verlangen und in anderen Fällen nicht. Aus diesem Grund ist die Verwendung von hochwertigen zertifizierten kindergesicherten Verpackungen gerade hier besonders wichtig um der Vielfalt nationaler Regelungen im internationalen Vergleich verantwortungsvoll auf die richtige Weise zu begegnen. Bei den Normen für kindergesicherte Verpackungen sind für Arzneimittel neben der ISO 8317 sowie der EN 14375 insbesondere die leicht abweichenden US-amerikanischen Bestimmungen nach US 16 CFR § 1700.20 (sowohl für wiederverschließbare und nicht wiederverschließbare kindergesicherte Verpackungen) zu beachten, welche bei der Zulassung und dem Vertrieb in den Vereinigten Staaten belegt werden müssen.

Nur vollständige Verpackungen können als zertifiziert werden

Im Hinblick auf kindergesicherte Verpackungen für pharmazeutische Produkte bestehen häufig falsche Vorstellungen, die nach einer Aufklärung und Korrektur verlangen. So kommt es immer wieder vor, dass bestimmte Deckfolien zum Aufbau von Blisterverpackungen für Arzneimittel als kindergesichert bezeichnet werden. Dieser Vorstellung folgend wird dann der Schluss gezogen, dass alle Blisterverpackungen, welche unter Verwendung der vermeintlichen Folie produziert werden, kindergesichert seien. Diese Vorstellung ist falsch. Es ist durchaus möglich, das eine Deckfolie in Kombination mit einer bestimmten Formfolie und den darin verpackten Tabletten die Anforderungen der EN 14375 erfüllt, dass die gleiche Deckfolie kombiniert mit einer anderen Formfolie jedoch keinesfalls kindersicher ist. Die richtige kindergesicherte Funktionsweise einer Blisterverpackung ergibt sich erst durch das Zusammenwirken unterschiedlicher Einflussgrößen wie z. B. die Eigenschaften der Deckfolie (Material, Festigkeit, Flexibilität etc.), die Eigenschaften der Formfolie (Material, Größe und Form der Kavitäten etc.) aber auch weitere Einflüsse wie z. B. eine Perforation. Ein Blister aus den identischen Materialien kann lediglich durch eine Variation der Größe der Kavitätiven mal die Anforderungen der EN 14375 erfüllen und zertifizierfähig sein und in anderen Fällen absolut nicht kindersicher sein. Das Gleiche gilt im Umkehrschluss für eine Veränderung der Größe der abgepackten Tabletten. Sobald die Kavitäten eines Blisters deutlich größer sind als die verpackte Tablette, wird es auch bei vergleichsweise stabilen Deckfolien Kleinkindern leicht möglich sein, diese mit den Fingernägeln durchzudrücken. In diesen Fällen endet dann auch jede Kindersicherheit. Für das Design kindergesicherter Blisterverpackungen folgt daraus, das jeder Blister eine aufeinander abgestimmte Einheit aus Deckfolie, Formfolie, Geometrie und verpackter Tablette darstellt, wobei deren Zusammenwirken Berücksichtigung finden muss. Schließlich bedeutet dies für die Prüfung und Zertifizierung von Blisterverpackungen nach EN 14375, dass diese nur für eine einzelne als Einheit definierte Verpackung erfolgen kann; nur für diese kann die kindergesicherte Funktionsweise belegt werden. Eine Verallgemeinerung der Ergebnisse ist nicht möglich. Somit gibt es auch keine kindergesicherten oder zertifizierten Deckfolien. Ein ähnliches Problem besteht für wiederverschließbare Verpackungen, welche aus einer Flasche und einem Verschluss bestehen, der zum Öffnen hinunter gedrückt werden muss. Geprüft und auf Kindersicherheit nach ISO 8317 zertifiziert werden kann nur eine vollständige Verpackung bestehend aus Verschluss und Flasche. Je nach Größe und Form einer Flasche, ist es Kleinkindern mehr oder weniger leicht möglich diese Verpackungen zu öffnen. Auch Materialeigenschaften der Flasche (z. B. Glas oder PET) können die Eigenschaften einer wiederverschließbaren kindergesicherten Verpackung in die eine oder andere Richtung positiv oder negativ beeinflussen und müssen Berücksichtigung finden. Allerdings bietet die ISO 8317 die Möglichkeit die Prüfung der Gesamtheit der möglichen Kombinationen aus Verschluss und unterschiedlichen Flaschenvolumen zu reduzieren, wenn die Verpackung (bestehend aus Verschluss und Behälter) die Anforderungen der ISO 8317 in der kleinsten und der größten verfügbaren Volumengröße erfüllt. Bei der Zertifizierung von solchen „Verpackungsfamilien“ gelten dann die Volumen innerhalb des geprüften Volumenintervalls als ebenfalls zertifiziert und als normenkonform.

Auszug der in Deutschland kindergesichert zu verpackenden Wirkstoffe in Arzneimitteln

Acetylsalicylsäure, Amitryptilin, Carbamazepin, Chloroquin, Clomipramin, Codeinphosphat,
Desipramin, Dextromethorphan, Dibenzepin, Diclofenac, Dihydrocodein, Doxepin, Eisen in der Form
von FE (II)- oder FE(III)-Verbindungen, Ethanzamid, Famprofazon, Feclobuzon, Flurbiprofen, Gentisinsäure, Hydroxychloroquin, Ibuprofen, Imipramin, Indometazin, Kebuzon, Ketoprofen, Lithiumsalze, Lofepramin, Maprotilin, Mefenaminsäure, Metamizol-Calcium, -Magnesium,-Natrium, Mofebutazon, Naproxen, Nifenazon, Nomifensin, Nortiptylin, Paracetamol, Phenazon, Phenylbutazon, Phenylbutazon-Natrium, Piroxicam, Propyphenazon, Salicylamid, Salicylsäure, Salze und Molekülverbindungen der genannten Stoffe, Tilidinhydrochlorid, Tramadolhydrochlorid, Tradozon, Trimipramin
 

Rechtzeitig an Kinderhände denken

Bei der Verpackung von Arzneimitteln sollten Hersteller und Verpacker das Thema Kindersicherheit frühzeitig berücksichtigen und diesem auf verantwortungsvolle Art und Weise begegnen. In der Regel ist eine kindergesicherte Verpackung dann auf leichte und günstige Weise zu erreichen. Viele unterschiedliche Möglichkeiten bestehen sowohl, wenn es um die Entwicklung von wiederschließbaren als auch von nicht wiederverschließbaren kindergesicherten Verpackungen geht. Die Komplexität des Aufbaus von kindergesicherten Blisterverpackungen sollte nicht unterschätzt werden. Vorteilhaft ist es hier innerhalb der Planung durch unterschiedliche Varianten einen gewissen Handlungsspielraum zu erhalten. Die Frage, ob die Verpackung in der kritischen Situation auch die gewollte Sicherheitsfunktion erfüllt darf nicht dem Zufall überlassen werden, dazu sind die möglichen Folgen für Verbraucher, Produzent und Verpacker zu weitreichend. Daher führt an der Prüfung und Zertifizierung der für ein Arzneimittel individuell gestalteten kindergesicherten Verpackung kein Weg vorbei.  

Weitere Informationen

Hilfestellungen rund um das Thema Entwicklung und Zertifzierung von kindergesicherten Verpackungen erhalten Sie durch das ivm Institut VerpackungsMarktforschung. Das ivm besitzt seit mehr als 30 Jahren die hierzu notwendige Erfahrung und ist als Zertifizierungsstelle

für kindergesicherte Verpackungen durch die DAP Deutsches Akkreditierungssystem Prüfwesen GmbH nach DIN EN 45011 akkreditiert. Zusätzliche Informationen finden Sie zudem zum Thema auf der Internetseite des ivm unter www.ivm-childsafe.de.

 

 

Arzneimittelverpackung – kindersicher und seniorenfreundlich

Swiss Packaging Newsletter 03-2008

Neuartige Verpackungen für Medikamente sollen zum einen kindersicher, zum anderen für Erwachsene leicht zu öffnen sein. Aktuelle Entwicklungen wie Dial-Blister, Slide-Pack, Medi-Lock-Box und Blister mit kindersicherer Folie sollen diesem Anspruch gerecht werden.

Oftmals beweisen bereits die Kleinsten unerwartete Fertigkeiten und grosses Geschick, um an den verführerisch anmutenden Inhalt von Arzneimittelverpackungen zu gelangen. Dieser kindliche Wissens- und Tatendrang kann schwerwiegende und gefährliche Folgen haben. Jährlich erleiden etwa 100.000 Kinder Vergiftungsunfälle. 10.000 davon müssen im Krankenhaus behandelt werden, in 500 Fällen ist der Verlauf lebensbedrohlich.
Besonders gefährdet sind dabei Kleinkinder im Alter zwischen 10 und 54 Monaten, da diese ihre Umwelt durch Lutschen und Kauen erkunden und dabei vieles in den Mund stecken oder herunterschlucken. Speziell die attraktive Aufmachung zahlreicher Arzneimittelverpackungen sowie die in ihrer äusseren Erscheinung Produkten der Süsswarenindustrie nicht unähnlichen festen oralen Darreichungsformen machen diese für Kinder besonders reizvoll. Auch die Tatsache, dass viele Medikamente zunächst süss schmecken und demzufolge nicht gleich wieder ausgespuckt werden, machen Arzneimittel in Kinderhänden ausserordentlich gefährlich.

USA als Vorreiter
In den USA kamen bereits vor mehr als 50 Jahren infolge zahlreicher Vergiftungsunfälle von Kindern unter fünf Jahren mit Haushaltschemikalien und Medikamenten erste Forderungen von Kinderärzten hinsichtlich einer Verbesserung des Schutzes von Kindern auf. Ein erster Beschluss, die Anzahl der Tabletten pro Packung zu limitieren, reduzierte zwar die Schwere der Vergiftungen, nicht jedoch die Zahl der Unfälle. Daher sollte mithilfe der Verpackung dafür gesorgt werden, dass Kinder nicht an den gefährlichen Inhalt gelangen. Erste unabhängige Studien mit so genanntenDrück-Dreh-Verschlüssen verringerten die Zahl der Vergiftungen deutlich. Ähnliche Studien ausserhalb der USA zeigten vergleichbare Resultate. Die Ergebnisse führten 1970 in den USA zur Einführung des «Poisons Prevention Packaging Act» (PPPA), der weltweit ersten Vorschrift, die sich der Thematik der kindersicheren Verpackung von potenziell gesundheitsgefährdenden Substanzen widmet. Sie beinhaltet eine erste allgemeine, noch heute gültige Definition für kindergesicherte Verpackungen (siehe Kasten).

Auszug aus dem Poisons Prevention Packaging Act
Spezialverpackungen sind so herzustellen oder entwerfen, dass es Kindern unter fünf Jahren deutlich erschwert wird, diese innerhalb einer gewissen Zeit zu öffnen oder Zugang zu einer toxischen oder gesundheitsgefährdenden Menge der enthaltenen Substanz zu erlangen, gleichzeitig aber einem durchschnittlichen Erwachsenen den ordnungsgemässen Gebrauch nicht erschwert. Dies bedeutet aber nicht, dass die Verpackung von Kindern nicht geöffnet werden könnte beziehungsweise sie nicht an deren Inhalt gelangen liesse.

In Europa gab es ähnliche Bestrebungen, gemessen an den USA allerdings bis heute mit zeitlicher Verzögerung. Im PPPA sind sowohl die Anforderungen an kindersichere Verpackungen definiert, als auch eine Liste der Substanzen enthalten, die kindersicher verpackt werden müssen. In Europa gibt es hingegen verschiedene Normen, die diese Sachverhalte regeln. So finden sich in den EU-Richtlinien 1999/45 (Zubereitungsrichtlinie) und 1967/548 Listen von Substanzen und Zubereitungen, für die kindersichere Verpackungen vorgeschrieben sind. In der Bundesrepublik wurden diese Richtlinien über die Gefahrstoffverordnung in nationales Recht überführt. Arzneimittel sind von den Vorschriften der genannten EU-Richtlinien jedoch explizit ausgenommen (5, 6). Allerdings finden sich im § 28 des Arzneimittelgesetzes (AMG) relevante Normen hinsichtlich der kindersicheren Verpackung von Arzneimitteln. Dieser Paragraph ermächtigt die zuständige Bundesoberbehörde, die Zulassung mit Auflagen zu verknüpfen, um sicherzustellen, dass das Arzneimittel in einem Behältnis mit bestimmter Form, bestimmtem Verschluss oder sonstiger Sicherheitsvorkehrung in den Verkehr gebracht wird, soweit es geboten ist, um die Einhaltung der Dosierungsanleitung zu gewährleisten oder um die Gefahr des Missbrauchs durch Kinder zu verhindern. Einen Auszug der in der entsprechenden Verordnung der Bundesoberbehörde genannten Arzneistoffe, die kindersicher verpackt werden müssen, ist in der Tabelle dargestellt.

analgetische und antitussive Morphinabkömmlinge Dihydrocodein, Hydrocodon, Morphin, Noscapin
Antidepressiva und Stoffe zur Veränderung des Antriebsniveaus Amitryptilin, Desipramin, Doxepin, Lithiumsalze, Maprotilin, Opipramol
Sedativa beziehungsweise Hypnotika Alkalibromide, Erdalkalibromide, Primidon, Pyrithyldion
Eisenpräparate Eisen in Form von Fe(II)- oder Fe (III)-Verbindungen

Die Anforderungen, die in Europa an kindergesicherte Verpackungen gestellt werden (je nachdem, ob es sich um eine wieder oder nicht wieder verschliessbare Verpackung handelt), finden sich in den Normen DIN EN ISO 8317 und DIN EN 862.
Da Letztere nicht für pharmazeutische Produkte zur Anwendung kommt, wird sie hier nicht näher betrachtet. Für nicht wieder verschliessbare Verpackungen für Pharmazeutika gilt stattdessen die DIN EN 14375.

DIN EN ISO 8317
Gemäss der DIN EN ISO 8317 Vorschrift für wieder verschliessbare Arzneimittelverpackungen erfolgt die Prüfung an zwei verschiedenen Personenkollektiven, um einerseits auf Kindersicherheit, anderseits auf Seniorenfreundlichkeit zu prüfen. Die Prüfung hat an mindestens drei unterschiedlichen Prüforten stattzufinden und muss von drei verschiedenen Prüfern durchgeführt werden. Die Prüfung auf Kindersicherheit erfolgt mit Kleinkindern im Alter von 42 bis 51 Monaten, von denen je die Hälfte weiblich beziehungsweise männlich sein soll. Die Prüfung findet in einer den Kinder vertrauten Umgebung wie im Kindergarten statt, erfolgt aber räumlich getrennt von anderen Kindern und in Abwesenheit der Eltern. Bei den Prüfpackungen handelt es sich um aus der laufenden Produktion entnommene Packungen, die mit einer ungefährlichen Ersatzsubstanz gefüllt werden. Diese Packungen werden vor der Prüfung durch entsprechend geschultes Personal einmal geöffnet und wieder richtig verschlossen. Um unerwünschte Lerneffekte zu vermeiden, dürfen die Kinder an nicht mehr als zwei Prüfungen pro Jahr mit unterschiedlichen Packungen teilnehmen. Die Kinder werden paarweise fünf Minuten lang wiederholt dazu aufgefordert, die Packung zu öffnen. Gelingt es den Kindern während dieser fünf Minuten nicht, die Packung zu öffnen, wird ihnen der Öffnungsvorgang vom Prüfpersonal demonstriert, allerdings ohne Hinweise oder gezielte Erklärungen (= verdeckte Demonstration). Danach haben die Kinder erneut 5 fünf Minuten Zeit, um die Verpackung zu öffnen. Die Packung gilt als kindersicher, wenn vor der Demonstration in den ersten fünf Minuten mindestens 85 Prozent der Kinder und nach Demonstration mindestens 80 Prozent der Kinder nicht in der Lage waren, die Verpackung zu öffnen. Dabei erfolgt die Auswertung nach dem Sequenzialverfahren, um die Anzahl der benötigten Kinder zu reduzieren. Bei diesem Verfahren wird das Ergebnis jeder einzelnen Prüfung unmittelbar nach der Prüfung in einem vorgegebenen Schemata eingetragen. Bei Öffnung der Verpackung durch das Kind wird das Kästchen im  Sequentialtableau oberhalb vom vorherigen ausgefüllt, falls das Kind die Packung im vorgegebenen Zeitraum nicht öffnen konnte, wird das Kästchen rechts dem der vorherigen Prüfung gekennzeichnet. Der Korridor der möglichen Ergebnisse nimmt einen treppenförmigen Verlauf mit einer oberen und unteren Grenze. Wird die obere Grenze erreicht, gilt die Prüfung als «nicht bestanden», wohingegen bei Erreichen der unteren Grenze die Prüfung als «bestanden» gilt. Die Seniorenfreundlichkeit wird an Testpersonen im Alter zwischen 50 und 70 Jahren getestet. Die früher geltende Norm zog noch Erwachsene im Alter zwischen 18 und 65 Jahren zur Prüfung heran, was zur Folge hatte, dass Verpackungen als Erwachsenen beziehungsweise seniorenfreundlich eingestuft wurden, die besonders von Personen in fortgeschrittenem Lebensalter trotzdem nur schwer zu öffnen waren. Die neue Festsetzung des Alters der Testpersonen trägt dem Rechnung. Den Probanden wird eine schriftliche Anleitung zum Öffnen der Verpackung vorgelegt, danach haben diese ebenfalls fünf Minuten Zeit, um die Packung zu öffnen. Sollte es eine Testperson in der vorgegebenen Zeit nicht schaffen, die Verpackung zu öffnen, wird der Test mit einer normalen, nicht kindergesicherten Verpackung wiederholt, um zu überprüfen, ob eventuell generelle Probleme beim Öffnen von Verpackungen bestehen. Falls die Testperson es nicht schaffen sollte, diese Vergleichspackung binnen einer Minute zu öffnen, wird sie aus dem Test ausgeschlossen, sollte sie es hingegen schaffen, die «ungesicherte» Verpackung zu öffnen, wird dies als negatives Ergebnis für die Seniorenfreundlichkeit der zu testenden Verpackung verbucht. Wurde die Packung erfolgreich geöffnet, wird der Proband aufgefordert, die Packung wieder ordnungsgemäss zu verschliessen, um zu überprüfen, ob er erkennt, wann der sichere Wiederverschluss erreicht ist. Diese Seniorenfreundlichkeitsprüfung gilt als bestanden, wenn mindestens 90 Prozent der getesteten Personen die Verpackung binnen einer Minute erfolgreich öffnen und wieder korrekt verschliessen können.

DIN EN 14375
Der Ablauf der Prüfung für nicht wieder verschliessbare Arzneimittelverpackungen nach DIN EN 14375 sowie Anzahl und Alter der Testpersonen entsprechen der Prüfung gemäss DIN EN ISO 8317. Untersucht werden hierbei vor allem Blister. Zur Diskussion steht immer noch die Anzahl der Einheiten (Tabletten), derer sich die Kinder bei der Prüfung der Verpackung bemächtigen dürfen, damit die Prüfung als nicht bestanden gilt. In der derzeit gültigen Form der Norm gilt eine Grenze von acht Einheiten, unterhalb der der Blister als kindersicher eingestuft wird, unabhängig von der Dosis und der Toxizität des Medikamentes. Ganz anders sind die gesetzlichen Bestimmungen in den USA. Dort dürfen sich Kinder keinen Zugang zu einer Dosis verschaffen, die ernsthafte Schäden bewirken kann. Dies ist jedoch bereits bei wenigen Einheiten, im Extremfall bei nur einer Tablette möglich. Aus diesem Grund haben sich der Verbraucherrat, das BfArM sowie die Giftinformationszentralen der Bundesrepublik gegen die Annahme dieser Norm ausgesprochen und gefordert, die Anzahl der Tabletten, die ein Kind entnehmen darf, herabzusetzen In diesem Zusammenhang ist jedoch darauf hinzuweisen, dass es ein Trugschluss ist, zu glauben, dass Arzneimittel deren Blisterstreifen weniger als acht Dosiseinheiten umfasst, nicht kindergesichert sein müssten oder sogar automatisch als kindersicher gelten. Denn auch für diese gilt, dass im Test mindestens zehn Dosiseinheiten vorgelegt werden müssen. Die Packung gilt als seniorenfreundlich, wenn im Einminutentest Zugang zu mindestens einer Dosiseinheit geschaffen werden kann.

Aktuelle Entwicklungen

Beim Dial-Blister ist jede Kapsel einzeln verblistert. Durch das Abreissen der Plastiklasche rechts von der Kapsel, wird der Blister aus seiner Verankerung freigegeben und frei drehbar Erst wenn der Blister in die richtige Position gedreht wurde, nämlich so, dass die Kapsel vertikal entsprechend den gelben Pfeilen ausgerichtet ist, stimmt die Kapselausrichtung mit der Perforation der Sollbruchstelle des Blisters überein und die Kapsel kann nach hinten herausgedrückt werden.Beim so genannten Slide-Pack handelt es sich um die Spezialform eines Wallets. Der Blister ist auf der Oberseite in einer Pappkarte fixiert. Auf der Rückseite befindet sich zwischen Blister und Papprückwand eine bewegliche Plastikscheibe . In der Plastikscheibe und Papprückwand des Wallets befinden sich vorgestanzte Öffnungen, durch die die Tabletten herausgedrückt werden. Dies ist jedoch nur möglich, wenn die Plastikscheibe mit dem Finger in Pfeilrichtung nach rechts bewegt und während des Herausdrückens in dieser Position gehalten wird, da nur in dieser Position der Tablettennapf, die Öffnung der Plastikscheibe und die des Pappkartons deckungsgleich zum Liegen kommen. In der Grundposition der Plastikscheibe in diese gegen den Blister verschoben und verhindert so ein Herausdrücken der Arzneiform aus dem Blister. Ein Beispiel für eine kindersichere Sekundärverpackung ist die Medi-Lock-Box. Durch den benötigten Kraftaufwand und die erforderliche Fingerfertigkeit wird Kindern das Öffnen der Verpackung erschwert. Dabei wird zuerst der Druckknopf auf der Frontseite der Box betätigt und der Deckel dabei leicht angehoben, anschliessend werden mit Daumen und Zeigefinger zwei weitere Druckpunkte auf den Schmalseiten der Box gedrückt gehalten und der Deckel komplett geöffnet. Zwar sind die bisher vorgestellten Methoden beziehungsweise Modelle zielführend, jedoch ist der Produktionsprozess relativ kompliziert und demzufolge teuer. Eine wesentlich einfachere und sicherlich praktikablere Variante, den Inhalt von Arzneimittelverpackungen vor dem Zugriff von Kindern zu schützen, sind Blister mit so genannter kindersicherer Deckfolie. Kindersichere Deckmaterialien bestehen aus einer Aluminiumfolie, kaschiert mit einer Reihe anderer Folien. Sorgfältig aufeinander abgestimmte Haftkräfte zwischen den Verbundlagen dienen dazu, die gewünschten, für das Endprodukt notwendigen Eigenschaften wie Peelen/Durchdrücken, Aufpeelen oder Aufreissen, zu erreichen. Häufig handelt es sich dabei um Laminate mit Polyester- und Polyamidfolien, die den nötigen Druckwiderstand und gute Peelbarkeit liefern, allerdings gibt es eine relativ grosse Bandbreite kindersicherer Deckfolienverbunde für Blisterpackungen sowohl in der peelbaren als auch in der Peel-Push-Variante. Diese drei genannten unterschiedlichen Ausprägungen von Blistern mit kindersicherer Deckfolie unterscheiden sich leicht in den schrittweise aufeinander folgenden Handgriffen zum Öffnen des Blisters:

– Peel-/Durchdrückversion
(Peel-Push-Blister )
– Aufreissversion
(Tear-Blister )
– Aufpeelversion
(Peel-Blister

Fazit
Die Verpackungsindustrie entwickelt gemeinsam mit der Pharmabranche kreative und vor allem zunehmend einfacher herzustellende und handzuhabende Verpackungen. Dies dient zum einen dazu, die rechtlichen Anforderungen zu erfüllen, zum anderen wird damit dem natürlichen Interesse Rechnung getragen, Kinder vor schwerwiegenden oder gar lebensbedrohlichen Vergiftungen zu schützen. Erschienen in pharmazeutische-zeitung.de

Anschrift des Verfassers:
Andreas S. Ziegler
Flurstrasse 2
90613 Grosshabersdorf
andreas.s.ziegler@gmx.de

Literatur

1. Der grüne Saft schmeckt komisch, Vergiftungsunfälle bei Kindern, pressedienst
das gesunde Kind pgk, Jg. 39, 5/6 (2005)

2. Damit kindliche Neugier nicht gefährlichwird. Wirksamer Schutz durch kindergesicherte
Pharmaverpackungen Close-up Ausgabe 1/2004

3. Bundesvereinigung für Gesundheit e. V. und Informationszentrale gegen Vergiftungen,
Bonn für die Bundesarbeitsgemeinschaft «Kindersicherheit»

4. Kindergesicherte und seniorengerechte Verpackung: Zwei Generationen, ein
Thema Horst Antoschinski

5. EU-Richtlinien 1999/45

6. EU-Richtlinien 1967/548

7. 14. AMG-Novelle gültig ab 06.09.2005

8. Kindergesicherte Verpackung für Arzneimittel, Anordnung einer Auflage nach
§ 28 AMG vom 17.09.1984

9. www.childproofpackaging.com/seq/[10] DIN Deutsches Institut für Normung e.V. 2004

10. US Environmentoal Protecting gency: Colbert Packaging Corporation: PharmaDial

11. US Environmentoal Protecting Agency: Cardinal Health: Slide Pack

12. US Environmentoal Protecting Agency: Intini Marketing Inc. Medi-Lock

13. Alcan Packaging Singen GmbH, www.alcanpackaging.com