intelligent verpacken 10-2006
Von Claudia Rivinius. Die Chemie- und Pharmaindustrie, Feuerwerkshersteller, Anbieter von Malerbedarf oder Autopflegemitteln benötigen speziell zertifizierte Gefahrgutverpackungen …
neue verpackung 10-2006
Kindersicherheit bei langer Nutzung | Tatort Baumarkt: Mit kritischem Blick betrachtet der
Mitarbeiter des Gewerbeaufsichtsamtes die Packungen im Regal. Wahllos entnimmt er einige
Gebinde. Ein kräftiger, aber nicht überstarker Dreh am Verschluss und die Packung ist offen. Zweiter Versuch mit einem neuen Gebinde, das Ergebnis bestätigt sich, der dritte bis achte Versuch ebenso.
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Der Marktleiter eilt herbei. Der Mann vom Gewerbeaufsichtsamt teilt ihm mit: „Packungen mit diesem Inhalt müssen laut Zubereitungsrichtlinie (1999/45/EG – Einstufung, sowie – 67/548/EWG, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe) in kindergesicherten Verpackungen in den Verkehr gebracht werden. Diese hier sind nicht kindersicher, sie lassen sich einfach aufdrehen. Die Ware muss sofort aus dem Regal entfernt werden.“ Aufregung, Verwirrung, Protest, Widerspruch. Nach einem Telefonat mit dem Abfüller sagt der Marktleiter: „ Die Packung ist ordnungsgemäß zertifiziert, hier die Urkunde eines renommierten Zertifizierungsinstituts“. Wortlos studiert der Mitarbeiter des Gewerbeaufsichtsamtes das Fax mit der Urkunde. In der Tat, alles ist korrekt. Ein Junge, etwa 10 Jahre alt kommt mit seiner Mutter vorbei. „Hallo, kannst Du mir mal helfen, mach doch mal die Flasche hier auf“, bittet der Herr vom Gewerbeaufsichtsamt.Tatsächlich schafft es der Junge, die Flasche in weniger als einer halben Minute zu öffnen. „Da, sehen Sie, selbst ein Kind kann die Packung öffnen. Die Ware muss sofort aus dem Regal.“ Nach dem Bericht des Marktleiters an den Abfüller beginnt das zweite Kapitel des Dramas. Der Abfüller wendet sich an den Verpackungshersteller, verlangt Aufklärung, droht mit Lieferantenwechsel und Schadensersatzansprüchen. Der Verpackungshersteller verweist auf das Zertifikat. Das Zertifizierungsinstitut verweist korrekt auf die Norm ISO 8317 2003 (deutsche Fassung EN DIN 8317 – 2004) und die dort festgelegte Prüfungsordnung. Während der Prüfungen wurden, wie die Norm es vorschreibt, für jede Prüfung eine frische Packung genommen, die mit einer Stichprobe direkt vom Schutz für ein ganzes Leben ? Verpackungshersteller kamen. Der Inhalt der Gebinde bestand aus Wasser. Die Ergebnisse der Prüfungen fanden in unterschiedlichen Kindergärten statt und wurden von mehreren Prüfern und Prüferinnen unabhängig voneinander durchgeführt. Das Ergebnis ist einwandfrei und bestätigt die Konformität der Packung mit der Norm.
Packungsinhalt kann Verschluss beschädigen.
Die beanstandeten Packungen werden in einer gemeinsamen Sitzung von Abfüller, Verpacker und einem Experten des Zertifizierungsinstituts untersucht. Tatsächlich, die beanstandeten Packungen sind leicht zu öffnen. Der Widerstand der Sperrnocken ist gering. Man merkt aber auch schon vor den Öffnungsversuchen, dass mit den Verschlüssen etwas nicht stimmt. Sie wirken weich, wie aufgequollen. Der Inhalt der Packung hat den Verschluss teilweise zerstört. Im Vergleich dazu reagieren unbefüllte Packungen, auch Monate alte Referenzmuster, gut und lassen sich nur öffnen, wenn der Verschluss an den gekennzeichneten Stellen zusammengedrückt wird und gleichzeitig aufgedreht wird. Nun aber die im Raum stehenden Fragen und die Antworten darauf im Detail: Zunächst die Norm. Ohne Zertifizierung durch ein akkreditiertes Zertifizierungsinstitut darf ein Verschluss und ein dazugehöriger Behälter grundsätzlich nicht für gefährliche Güter eingesetzt werden, für die ein kindergesicherter Verschluss vorgeschrieben ist. Das Zertifikat ist Grundlage aller weiteren Schritte. Die ISO 8317– 2003 (EN DIN 8317 – 2004) schreibt zu der Frage der Nachhaltigkeit der Kindersicherheit im Punkt (Zitat) vor: „3.2 Zu prüfende Verpackungen: Vor der Prüfung wieder verschließbarer kindergesicherter Verpackungen muss sich sowohl der Hersteller als auch der Befüller davon überzeugen, dass die Lebensdauer der kindergesicherten Verpackung die in der Praxis zu erwartende Höchstzahl der Öffnungs- und Schließvorgänge überschreitet, ohne dass die Kindersicherheit in untragbarer Weise beeinträchtigt wird.“ Beide sind also verantwortlich. Allerdings in unterschiedlicher Weise. In erster Linie ist der Inverkehrbringer – also vor dem Verpackungshersteller – in der Verantwortung. Das legt die Zubereitungsrichtlinie vom 31.5.1999 in Punkt 12, Zeile 10 ff. des Vorwortes fest: Einleitung Punkt 12: „Dieses Zulassungsverfahren muss sich außerdem auf eine besondere Kontrolle der Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung jedes Produkts vor seinem Inverkehrbringen erstrecken.“ Weiter in Artikel 2 Punkt e: „Inverkehrbringen: die Bereitstellung für Dritte. Die Einfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft ist als ein Inverkehrbringen im Sinne dieser Richtlinie zu betrachten: Weiter in Artikel 9 Punkt 1.1: „Zubereitungen nach Artikel 1 Absatz 2 und dem Anhang IV unterfallende Zubereitungen nach Artikel 1 Absatz 3 nur in den Verkehr gebracht werden können, wenn ihre Verpackung den nachstehenden Anforderungen entspricht: „Die Verpackungen müssen so hergestellt und beschaffen sein, dass der Inhalt nicht entweichen kann; dies gilt nicht, wenn besondere Sicherheitsvorrichtungen vorgeschrieben sind.“
Für Sie entscheidend
Recht
Die Kindersicherheit bezieht sich auf die Altersgruppe zwischen 42 und 51 Monaten. Sowohl Hersteller der Verpackung wie Abfüller müssen sich davon überzeugen, dass die Lebensdauer der kindergesicherten Verpackung die Höchstzahl der Öffnungs- und Schließvorgänge überschreitet, ohne dass die Kindersicherheit beeinträchtigt wird. Allerdings ist der Inverkehrbringer vor dem Verpackungshersteller verantwortlich. Weiter dürfen die Werkstoffe der Verpackungen und der Verschlüsse nicht so beschaffen sein, dass sie vom Inhalt angegriffen werden.
„Die Werkstoffe der Verpackungen und der Verschlüsse dürfen nicht so beschaffen sein, dass sie vom Inhalt angegriffen werden oder mit diesem zu gefährlichen Verbindungen reagieren können.“ „ Die Verpackungen und die Verschlüsse müssen in allen Teilen so fest und stark sein, dass sie sich nicht lockern und allen bei der Handhabung auftretenden Belastungen und Verformungen zuverlässig standhalten.“ „Behälter mit Verschlüssen, die nach Öffnung erneut verwendbar sind, müssen so beschaffen sein, dass die Verpackung mehrfach neu verschlossen werden kann, ohne dass der Inhalt entweichen kann.“ ( Richtlinie 1999/45/EG des Europäischen Parlaments: www.europa.eu.int/eur-lex/). Soweit die gesetzlichen Grundlagen. Aber wie kann das sicher gestellt werden, wie läuft es in der Praxis, im Alltag?
Um Streitereien und teure Rückholaktionen zu vermeiden, empfiehlt sich eine frühzeitige Zusammenarbeit zwischen Verpackungshersteller und Abfüller.
In Regel ist es doch so, dass nur der Abfüller die Inhalte kennt, die er abfüllt. Entsprechend ist er als Inverkehrbringer ja auch verantwortlich dafür, dass die Bestimmungen der Zubereitungsrichtlinie und der Norm eingehalten werden und die Inhalte die Verpackung nicht angreifen können. Dazu muss er z. B. auch Langzeitversuche durchführen (lassen), in denen die Packungen bis zu vier Wochen im Wärmeschrank bei Temperaturen von ca. 40 Grad lagern. Wenn die Verpackung danach noch einwandfrei funktioniert, kann man mit großer Sicherheit davon ausgehen, dass sich Inhalt und Verpackung auch langfristig vertragen. Dem Verpackungshersteller obliegt in diesem Sinn zweifelsohne eine Sorgfalts- und Aufklärungspflicht über die Beeinflussbarkeit seiner Verpackungen durch bestimmte Inhalte. Weiter muss er sicher stellen, dass die Konstruktion des Trickverschlusses ausreichend stabil ist, um die Eigenschaft der Kindersicherheit längere Zeit zu erhalten. Ebenso ist es Pflicht des Verpackungsherstellers, dafür zu sorgen, dass die Verschlüsse und Behälter mit genau den Einstellungen der Maschinen gefertigt werden, die der Zertifizierung nach ISO 8317 zugrunde lagen. Das ist notwendig, da wegen der geringen Maße vieler Verschlüsse schon eine Veränderung von wenigen Zehntel Millimetern genügt, um die kindergesicherte Eigenschaft der Verpackung in Frage zu stellen. Nachgewiesen werden kann die Nachhaltigkeit im Zweifelsfall durch die Protokolle der Qualitätssicherung.
Prüfungen auf Chemikalienresistenz
Natürlich können Prüfungen auf Chemikalienresistenz auch beim Verpackungshersteller geschehen, wobei dann sinnvoller Weise verschiedene Materialien der Verpackung mit verschieden Füllgütern getestet werden, um eine akzeptable Lösung zu finden. So sind bekanntlich Verschlüsse aus weichem Niederdruckpolyethylen bei verschiedenen Stoffen sehr empfindlich. Verschlüsse aus härterem Hochdruckpolyethylen sind zwar widerstandsfähiger, aber Öle, Treibstoffe und organische Lösungsmittel oder deren Ausdünstungen, können den Kunststoff angreifen. Beim Kontakt mit einigen dieser Substanzen neigt PE je nach Dichtegrad dazu, aufzuquellen. Dabei kann es unter Belastung zu Spannungskorrosion kommen. Hartpolyethylen und noch mehr Polypropylen hingegen sind härter und wesentlich resistenter gegen Chemikalien. Auf jeden Fall besteht für den Verpackungshersteller eine eindeutige Aufklärungspflicht gegenüber den Kunden, zum Beispiel durch entsprechende Hinweise in den Verkaufsunterlagen, Prospekten usw. Da die Preise der Kunststoffe unterschiedlich sind und auch mangelnde Detailinformation über das Verhalten der Kunststoffe möglich ist, kann es geschehen, dass ein preisgünstiger, aber nicht resistenter Kunststoff den Vorzug erhält. Dadurch wäre die Kindersicherheit auf Dauer nicht gewährleistet. Um Streitereien und teure Rückholaktionen zu vermeiden, empfiehlt sich eine frühzeitige Zusammenarbeit zwischen Verpackungshersteller und Abfüller. Denn: Die Norm ISO 8317 bleibt hier leider unbestimmt. Auch das Zertifizierungsinstitut prüft, ob das zu zertifizierende Gebinde eine Langzeitsicherheit bietet. Allerdings kann dies wegen der fehlenden Präzision der Normenbestimmung nur außerhalb des geregelten Bereichs (der eigentlichen Zertifizierung) geschehen. Neben einer händischen Prüfung durch sehr erfahrene Fachleute, einer Berücksichtigung des Materials sowie der Konstruktion werden
z. B. im Institut VerpackungsMarktforschung in Braunschweig zusätzliche Öffnungen durchgeführt. Ja nach der Häufigkeit der Nutzung des Gebindes werden 20 bis 50 Öffnungen und Wiederverschlüsse exakt nach der Öffnungsanleitung vollzogen und anschließend die kindergesicherte Eigenschaft des Gebindes erneut geprüft.
Da es sich allerdings um fabrikfrische Verschlüsse handelt, wie es die ISO 8317 vorschreibt, kann ein langfristiger Einfluss des Inhaltes im Institut in diesen Tests nicht erfolgen. Hierfür stehen andere Möglichkeiten offen. Darüber hinaus werden einige Packungen mit (leichter) Kraft geöffnet, um zu prüfen, wie widerstandsfähig die Packung gegen gewaltsames Öffnen ist. Alles zusammen fließt in die Beurteilung des Verschlusses ein. Die Dokumentation erfolgt entsprechend der Norm im nicht geregelten Teil des Gutachtens. Bei kritischem Verhalten der Packung wird der Hersteller informiert und Nachbesserungen eingefordert. Dies dient dazu, es dem Verpackungshersteller zu ermöglichen, der Forderung der Norm gerecht zu werden („…(sich) davon überzeugen, dass die Lebensdauer der kindergesicherten Verpackung die in der Praxis zu erwartende Höchstzahl der Öffnungs- und Schließvorgänge überschreitet, ohne dass die Kindersicherheit in untragbarer Weise beeinträchtigt wird.“ (ISO 8317). Leider ist die Norm auch in diesem Punkt nicht sehr konkret. Immerhin können analog zu den Grenzen einer erfolgreichen Prüfung, die in der Norm gestatteten (… bis zu ) 20% Öffnungen vor und nach Demonstration als Vergleich herangezogen werden. Eine weitere Frage drängt sich auf: Kann ein Mitarbeiter des Gewerbeaufsichtsamtes überhaupt feststellen, ob das Gebinde kindersicher ist oder nicht? Hierbei kommt es stark auf die Erfahrung an, denn ein Prüfen durch Aufdrehen, auch ein gewaltsames, kann nicht für die Bestätigung oder Ablehnung des Zertifikates herangezogen werden. Eine Konformität oder Nonkonformität ergibt sich nur aus den Normenprüfungen nach ISO. Allerdings kann jemand mit Erfahrung schon ein recht gutes Urteil beim Probieren abgeben, es handelt sich aber nicht um eine bindende Aussage. Wenn aber ein Verschluss z. B. durch Aufquellen zerstört ist, kann man das häufig auch ohne erneute Prüfung leicht feststellen. Er hat also grundsätzlich das Recht und die Pflicht zur Sperrung der Produkte im Verdachtsfall.
Kindersicherheit nur für bestimmte Altersgruppe
Die Kindersicherheit bezieht sich auf die Altersgruppe zwischen 42 und 51 Monaten. Auch wenn ein Teil der Kinder schon über erhebliche Kräfte verfügt, entspricht das in der Regel noch nicht der Kraft, die ältere Kinder aufbringen. Ein 10-jähriges Kind (unser Beispiel) verfügt in der Regel über genügend Kraft um den größten Teil der kindergesicherte Verpackungen öffnen zu können, zumindest aber um sie zerstören zu können. Die Altersgrenzen von 42 und 52 Monaten wurde gewählt, weil die meisten Unfälle mit Kleinkindern, an denen Verpackungen beteiligt sind, unter 5 Jahren alt ist, (vergleiche Grafik).Neben der Kindersicherheit muss eine zertifizierte Verpackung aber auch seniorengerecht sein. Die Prüfungen finden mit Personen zwischen 50 und 70 Jahren statt, 70% davon weiblich. Ein Verschluss darf daher nicht schwer zu öffnen sein, sondern mit „Trick“. Es handelt sich demnach häufig um Grenzfälle, wenn das Gebinde die kindersichere Eigenschaft durch Einfluss des Inhaltes verliert. Daher ist bei derartigen Reklamationen dem Verpackungshersteller ebenso wie dem Abfüller zu empfehlen, sofort eine normengerechte Prüfung der beanstandeten Packungen durch ein akkreditiertes Zertifizierungsinstitut durchführen zu lassen, zumindest als Teiltest. Das dient der exakten Feststellung des Status in Bezug auf die Normenkonformität und kann somit entscheidend für die Behandlung von Schadensersatzforderungen und/oder Haftpflichtschäden werden. Weiterhin ist eine sorgfältige Qualitätsprüfung und Dokumentation, hier der Abgleich der Öffnungskräfte der beanstandeten mit der zertifizierten Packung, notwendig. Vor allem aber geht es hier um Gesundheit und Leben kleiner Kinder. Daher ist eine kritische Betrachtung angebracht.
PackReport 10-2006
Interview zum Thema „Kindersichere Verpackungen"
Europaweite Regelungen über die Art und Weise der richtigen Verpackung mit Schutz für Kinder liegen durch die EU Richtlinien seit langem vor. Trotzdem kommt es immer wieder zu Streitigkeiten und Prozessen, weil Verpackungen von Gewerbeaufsichtsämtern als nicht kindersicher aus den Regalen des Fachhandels verbannt werden. PackReport sprach mit dem Experten Dr. Horst Antonischki aus Gifhorn.
PackReport: Wie kann es geschehen, dass trotz EU Richtlinien und Zertifikaten nach ISO bzw. DIN, kindergesicherte Verpackungen im Handel unter Umständen keine ausreichende Schutzfunktion mehr aufweisen?
Dr. Antonischki: Verpackungen für gefährliche Produkte durchlaufen eine ganze Reihe von Prüfungen, bevor sie für den Einsatz im Handel zugelassen werden. Für Prüfungen auf Dichtigkeit, Falltests usw., ebenso wie die Prüfungen auf Kindersicherheit werden aber praktisch immer die Verpackung ohne die Inhalte geprüft, die später in diese Gebinde abgefüllt werden. Daher ist es möglich, dass insbesondere Öle, Treibstoffe oder organische Lösungsmittel oder deren Ausdünstungen den Kunststoff der Verpackung langfristig angreifen. Beim Kontakt mit einigen dieser Substanzen neigt z.B. Polyethylen je nach Dichtegrad dazu, aufzuquellen. Da die Sicherungen an den Verpackungen gegen ungewolltes Öffnen durch Kleinkinder oft nur wenige Zehntel Millimeter stark sind, kann ein so veränderter Kunststoffverschluss seine Sicherheitsfunktion verlieren, obwohl alle Prüfungen erfolgreich absolviert wurden. Europaweite Regelungen über die Art und Weise der richtigen Verpackung mit Schutz für Kinder liegen durch die EU Richtlinien seit langem vor. Trotzdem kommt es immer wieder zu Streitigkeiten und Prozessen, weil Verpackungen von Gewerbeaufsichtsämtern als nicht kindersicher aus den Regalen des Fachhandels verbannt werden.
Für das Einhalten der Richtlinien in der Frage der nachhaltigen Sicherheit ist der Inverkehrbringer eines Produkts verantwortlich.
PackReport: Sind die Richtlinien und Normen also nicht wirksam genug?
Dr. Antonischki: Das kann ich so nicht bestätigen. Die 1999/45 EG, die so genannte Zubereitungsrichtlinie schreibt genau vor, welche Stoffe in kindergesicherten Verpackungen verpackt sein müssen. Wenn Sie sich im Handel umsehen, werden Sie auch bemerken, dass sehr viele Produkte die keine Kindersicherung erfordern, trotzdem in Verpackungen mit Sicherheitsverschlüssen angeboten werden. Die Abfüller zeigen sich in der Regel also verantwortungsbewusst. Entscheidend ist hierbei, dass zwischen Verpackungshersteller und dem Abfüller gefährlicher Haushaltschemikalien, Baubedarf und Automobilprodukten keine ausreichende Kommunikation stattfindet. Häufig ist auch der Stand des recht speziellen Wissens bei den Beteiligten nicht ausreichend.
PackReport: Was bestimmt die Zubereitungsichtline bei der Nachhaltigkeit der Sicherheit von Verpackungen?
Dr. Antonischki: Die Richtlinie verlangt eindeutig eine nachhaltig sichere Verpackung in Artikel 9 1.1: „Die Werkstoffe der Verpackungen und der Verschlüsse dürfen nicht so beschaffen sein, dass sie vom Inhalt angegriffen werden oder mit diesem zu gefährlichen Verbindungen reagieren können.“ „Die Verpackungen und die Verschlüsse müssen in allen Teilen so fest und stark sein, dass sie sich nicht lockern und allen bei der Handhabung auftretenden Belastungen und Verformungen zuverlässig standhalten.“ „Behälter mit Verschlüssen, die nach Öffnung erneut verwendbar sind, müssen so beschaffen sein, dass die Verpackung mehrfach neu verschlossen werden kann, ohne dass der Inhalt entweichen kann.“ Und weiter in § 9 1.3: „Behälter, die bestimmte, dem Anhang IV unterfallende Zubereitungen, die im Einzelhandel angeboten werden bzw. für jedermann erhältlich sind, enthalten, -mit kindergesicherten Verschlüssen versehen sind… Die Vorrichtungen müssen den technischen Anforderungen von Anhang IX Teile A und B der Richtlinie 67/ 548/ EWG entsprechen.“Diese Textstellen verlangen eindeutig nachhaltig kindergesicherte Verpackungen.
PackReport: Wie steht es mit den Normen?
Dr. Antonischki: Auch die Normen für kindergesicherte Verpackungen, wie die ISO 8317 oder die identische DIN EN 28317 regeln die Art und Weise der Prüfungen zur Konformitätsbestätigung genau. Allerdings zeigt die Norm an der für die entscheidende Stelle der Nachhaltigkeit der Kindersicherung eine Ungenauigkeit. Die Formulierung der Norm im Punkt 3.2 lautet: „Vor der Prüfung wieder verschließbarer kindergesicherter Verpackungen muss sich sowohl der Hersteller als auch der Befüller davon überzeugen, dass die Lebensdauer der kindergesicherten Verpackung die in der Praxis zu erwartende Höchstzahl der Öffnungs- und Schließvorgänge überschreitet, ohne dass die Kindersicherheit in untragbarer Weise beeinträchtigt wird.“ (**) Die Formulierungen „zu erwartende Höchstzahl der Öffnungs-und Schließvorgänge“ sowie „untragbare Weise beeinträchtigt“ sind absolut nicht präzise genug, um einen formalen Test durchführen zu können. Wir im Institut VerpackungsMarktforschung versuchen, dieser Forderung der Norm trotzdem gerecht zu werden. Neben einer händischen Prüfung durch sehr erfahrene Fachleute, einer Berücksichtigung des Materials sowie der Konstruktion der Verpackung werden z. B. zusätzliche Öffnungen durchgeführt. Ja nach der Häufigkeit der Nutzung des Gebindes werden 20 bis 50 Öffnungen und Wiederverschlüsse exakt nach der Öffnungsanleitung vollzogen und anschließend die kindergesicherte Eigenschaft des Gebindes erneut geprüft. Da es sich allerdings um fabrikfrische Verschlüsse handelt, wie es die ISO 8317 vorschreibt, kann ein langfristiger Einfluss des Inhaltes im Institut in diesen Tests nicht erfolgen. Das führen wir in zusätzlichen Untersuchungen außerhalb des geregelten Bereichs auf Wunsch durch.
Definitionen und Hinweise Kindergesicherte Verpackung: |
PackReport: In diesem Zusammenhang taucht nun die entscheidende Frage auf: Wer ist denn verantwortlich dafür, dass die Richtlinien in der Frage der nachhaltigen Sicherheit eingehalten werden?
Dr. Antonischki: Die Richtlinie 1999/45 EG legt das eindeutig fest. Verantwortlich ist der Inverkehrbringer, also derjenige, der ein Produkt in den Handel bringt. Das ist ja auch nur logisch, denn nur der Abfüller kennt die Inhalte der Produkte genau. Der einfachste Weg um die Langzeitwirkung des Inhalts auf die Verpackung zu prüfen, besteht aus einem Versuch, in dem befüllte Verpackungen im Wärmeschrank Temperaturen zwischen 40 und 70 Grad über einige Tage oder gar Wochen ausgesetzt werden. Dadurch wird eine längere Lagerzeit simuliert. Schäden durch Inhaltsstoffe in der Verpackung lassen sich so ohne viel Aufwand gezielt feststellen. Auch der Verpackungshersteller ist verantwortlich, so z.B. für eine korrekte Zertifizierung von Verpackungen, die er als kindergesichert anbietet. Er hat darüber hinaus Sorgfalts- und Aufklärungspflichten gegenüber seinen Kunden über die Beeinflussbarkeit seiner Verpackungen durch bestimmte Inhalte. Weiter muss er sicher stellen, dass die Konstruktion des Trickverschlusses ausreichend stabil ist, um die Eigenschaft der Kindersicherheit über eine längere Nutzungsdauer zu erhalten. Aus diesen unterschiedlichen Verantworlichkeiten ist eine frühzeitige Zusammenarbeit und gemeinsame Kontrolle durch den Zertifizierer, Verpackungshersteller und Abfüller empfehlenswert.
EU-Richtlinien
Richtlinie 67/548 EWG Anhang IX (Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe)
Richtlinie 1999/45/EG (Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Zubereitungen) Zubereitungsrichtlinie, in England unter „CHIP III“ bekannt.
Nachzulesen unter www.europa.eu.int/eur-lex/. oder www.ivm-childsafe.de/ Gesetze EU-Richtlinien
PackReport: Was würden Sie als Zertifizierer von kindergesicherten Verpackungen als Lösung vorschlagen?
Dr. Antonischki: Eine größere Sicherheit brächte zunächst eine Präzisierung der Nachhaltigkeit im Rahmen der Normen. So könnte z.B. eine eigenständige ergänzende Norm sehr hilfreich sein. In dieser sollten einige Produktarten, die besonders aggressiv auf Kunststoffe wirken und die Nachhaltigkeit von Kindersicherungen außer Kraft setzten, definiert werden. Ferner müssen darin Tests festgelegt werden, mit denen die Chemikalienresistenz von Verpackungen neutral geprüft werden kann, z.B. Wärmeschrankversuche nach einheitlichen Regeln mit definierten Prüfstoffen. Das würde eine größere Produktsicherheit ergeben und die Haftungsfrage eindeutig regeln. Solange kein normiertes Prüfverfahren existiert, bleibt nur eine enge Abstimmung aller Beteiligten als Lösung.
PackReport: Danke für das Gespräch!
Mit Dr. Antonischki sprach Carlos Lange-Prollius,
Leitender Redakteur von PackReport
neue verpackung 10-2006
Kindersicherheit bei langer Nutzung | Tatort Baumarkt: Mit kritischem Blick betrachtet der
Mitarbeiter des Gewerbeaufsichtsamtes die Packungen im Regal. Wahllos entnimmt er einige
Gebinde. Ein kräftiger, aber nicht überstarker Dreh am Verschluss und die Packung ist offen. Zweiter Versuch mit einem neuen Gebinde, das Ergebnis bestätigt sich, der dritte bis achte Versuch ebenso.
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Der Marktleiter eilt herbei. Der Mann vom Gewerbeaufsichtsamt teilt ihm mit: „Packungen mit diesem Inhalt müssen laut Zubereitungsrichtlinie (1999/45/EG – Einstufung, sowie – 67/548/EWG, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe) in kindergesicherten Verpackungen in den Verkehr gebracht werden. Diese hier sind nicht kindersicher, sie lassen sich einfach aufdrehen. Die Ware muss sofort aus dem Regal entfernt werden.“ Aufregung, Verwirrung, Protest, Widerspruch. Nach einem Telefonat mit dem Abfüller sagt der Marktleiter: „ Die Packung ist ordnungsgemäß zertifiziert, hier die Urkunde eines renommierten Zertifizierungsinstituts“. Wortlos studiert der Mitarbeiter des Gewerbeaufsichtsamtes das Fax mit der Urkunde. In der Tat, alles ist korrekt. Ein Junge, etwa 10 Jahre alt kommt mit seiner Mutter vorbei. „Hallo, kannst Du mir mal helfen, mach doch mal die Flasche hier auf“, bittet der Herr vom Gewerbeaufsichtsamt.Tatsächlich schafft es der Junge, die Flasche in weniger als einer halben Minute zu öffnen. „Da, sehen Sie, selbst ein Kind kann die Packung öffnen. Die Ware muss sofort aus dem Regal.“ Nach dem Bericht des Marktleiters an den Abfüller beginnt das zweite Kapitel des Dramas. Der Abfüller wendet sich an den Verpackungshersteller, verlangt Aufklärung, droht mit Lieferantenwechsel und Schadensersatzansprüchen. Der Verpackungshersteller verweist auf das Zertifikat. Das Zertifizierungsinstitut verweist korrekt auf die Norm ISO 8317 2003 (deutsche Fassung EN DIN 8317 – 2004) und die dort festgelegte Prüfungsordnung. Während der Prüfungen wurden, wie die Norm es vorschreibt, für jede Prüfung eine frische Packung genommen, die mit einer Stichprobe direkt vom Schutz für ein ganzes Leben ? Verpackungshersteller kamen. Der Inhalt der Gebinde bestand aus Wasser. Die Ergebnisse der Prüfungen fanden in unterschiedlichen Kindergärten statt und wurden von mehreren Prüfern und Prüferinnen unabhängig voneinander durchgeführt. Das Ergebnis ist einwandfrei und bestätigt die Konformität der Packung mit der Norm.
Packungsinhalt kann Verschluss beschädigen.
Die beanstandeten Packungen werden in einer gemeinsamen Sitzung von Abfüller, Verpacker und einem Experten des Zertifizierungsinstituts untersucht. Tatsächlich, die beanstandeten Packungen sind leicht zu öffnen. Der Widerstand der Sperrnocken ist gering. Man merkt aber auch schon vor den Öffnungsversuchen, dass mit den Verschlüssen etwas nicht stimmt. Sie wirken weich, wie aufgequollen. Der Inhalt der Packung hat den Verschluss teilweise zerstört. Im Vergleich dazu reagieren unbefüllte Packungen, auch Monate alte Referenzmuster, gut und lassen sich nur öffnen, wenn der Verschluss an den gekennzeichneten Stellen zusammengedrückt wird und gleichzeitig aufgedreht wird. Nun aber die im Raum stehenden Fragen und die Antworten darauf im Detail: Zunächst die Norm. Ohne Zertifizierung durch ein akkreditiertes Zertifizierungsinstitut darf ein Verschluss und ein dazugehöriger Behälter grundsätzlich nicht für gefährliche Güter eingesetzt werden, für die ein kindergesicherter Verschluss vorgeschrieben ist. Das Zertifikat ist Grundlage aller weiteren Schritte. Die ISO 8317– 2003 (EN DIN 8317 – 2004) schreibt zu der Frage der Nachhaltigkeit der Kindersicherheit im Punkt (Zitat) vor: „3.2 Zu prüfende Verpackungen: Vor der Prüfung wieder verschließbarer kindergesicherter Verpackungen muss sich sowohl der Hersteller als auch der Befüller davon überzeugen, dass die Lebensdauer der kindergesicherten Verpackung die in der Praxis zu erwartende Höchstzahl der Öffnungs- und Schließvorgänge überschreitet, ohne dass die Kindersicherheit in untragbarer Weise beeinträchtigt wird.“ Beide sind also verantwortlich. Allerdings in unterschiedlicher Weise. In erster Linie ist der Inverkehrbringer – also vor dem Verpackungshersteller – in der Verantwortung. Das legt die Zubereitungsrichtlinie vom 31.5.1999 in Punkt 12, Zeile 10 ff. des Vorwortes fest: Einleitung Punkt 12: „Dieses Zulassungsverfahren muss sich außerdem auf eine besondere Kontrolle der Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung jedes Produkts vor seinem Inverkehrbringen erstrecken.“ Weiter in Artikel 2 Punkt e: „Inverkehrbringen: die Bereitstellung für Dritte. Die Einfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft ist als ein Inverkehrbringen im Sinne dieser Richtlinie zu betrachten: Weiter in Artikel 9 Punkt 1.1: „Zubereitungen nach Artikel 1 Absatz 2 und dem Anhang IV unterfallende Zubereitungen nach Artikel 1 Absatz 3 nur in den Verkehr gebracht werden können, wenn ihre Verpackung den nachstehenden Anforderungen entspricht: „Die Verpackungen müssen so hergestellt und beschaffen sein, dass der Inhalt nicht entweichen kann; dies gilt nicht, wenn besondere Sicherheitsvorrichtungen vorgeschrieben sind.“
Für Sie entscheidend
Recht
Die Kindersicherheit bezieht sich auf die Altersgruppe zwischen 42 und 51 Monaten. Sowohl Hersteller der Verpackung wie Abfüller müssen sich davon überzeugen, dass die Lebensdauer der kindergesicherten Verpackung die Höchstzahl der Öffnungs- und Schließvorgänge überschreitet, ohne dass die Kindersicherheit beeinträchtigt wird. Allerdings ist der Inverkehrbringer vor dem Verpackungshersteller verantwortlich. Weiter dürfen die Werkstoffe der Verpackungen und der Verschlüsse nicht so beschaffen sein, dass sie vom Inhalt angegriffen werden.
„Die Werkstoffe der Verpackungen und der Verschlüsse dürfen nicht so beschaffen sein, dass sie vom Inhalt angegriffen werden oder mit diesem zu gefährlichen Verbindungen reagieren können.“ „ Die Verpackungen und die Verschlüsse müssen in allen Teilen so fest und stark sein, dass sie sich nicht lockern und allen bei der Handhabung auftretenden Belastungen und Verformungen zuverlässig standhalten.“ „Behälter mit Verschlüssen, die nach Öffnung erneut verwendbar sind, müssen so beschaffen sein, dass die Verpackung mehrfach neu verschlossen werden kann, ohne dass der Inhalt entweichen kann.“ ( Richtlinie 1999/45/EG des Europäischen Parlaments: www.europa.eu.int/eur-lex/). Soweit die gesetzlichen Grundlagen. Aber wie kann das sicher gestellt werden, wie läuft es in der Praxis, im Alltag?
Um Streitereien und teure Rückholaktionen zu vermeiden, empfiehlt sich eine frühzeitige Zusammenarbeit zwischen Verpackungshersteller und Abfüller.
In Regel ist es doch so, dass nur der Abfüller die Inhalte kennt, die er abfüllt. Entsprechend ist er als Inverkehrbringer ja auch verantwortlich dafür, dass die Bestimmungen der Zubereitungsrichtlinie und der Norm eingehalten werden und die Inhalte die Verpackung nicht angreifen können. Dazu muss er z. B. auch Langzeitversuche durchführen (lassen), in denen die Packungen bis zu vier Wochen im Wärmeschrank bei Temperaturen von ca. 40 Grad lagern. Wenn die Verpackung danach noch einwandfrei funktioniert, kann man mit großer Sicherheit davon ausgehen, dass sich Inhalt und Verpackung auch langfristig vertragen. Dem Verpackungshersteller obliegt in diesem Sinn zweifelsohne eine Sorgfalts- und Aufklärungspflicht über die Beeinflussbarkeit seiner Verpackungen durch bestimmte Inhalte. Weiter muss er sicher stellen, dass die Konstruktion des Trickverschlusses ausreichend stabil ist, um die Eigenschaft der Kindersicherheit längere Zeit zu erhalten. Ebenso ist es Pflicht des Verpackungsherstellers, dafür zu sorgen, dass die Verschlüsse und Behälter mit genau den Einstellungen der Maschinen gefertigt werden, die der Zertifizierung nach ISO 8317 zugrunde lagen. Das ist notwendig, da wegen der geringen Maße vieler Verschlüsse schon eine Veränderung von wenigen Zehntel Millimetern genügt, um die kindergesicherte Eigenschaft der Verpackung in Frage zu stellen. Nachgewiesen werden kann die Nachhaltigkeit im Zweifelsfall durch die Protokolle der Qualitätssicherung.
Prüfungen auf Chemikalienresistenz
Natürlich können Prüfungen auf Chemikalienresistenz auch beim Verpackungshersteller geschehen, wobei dann sinnvoller Weise verschiedene Materialien der Verpackung mit verschieden Füllgütern getestet werden, um eine akzeptable Lösung zu finden. So sind bekanntlich Verschlüsse aus weichem Niederdruckpolyethylen bei verschiedenen Stoffen sehr empfindlich. Verschlüsse aus härterem Hochdruckpolyethylen sind zwar widerstandsfähiger, aber Öle, Treibstoffe und organische Lösungsmittel oder deren Ausdünstungen, können den Kunststoff angreifen. Beim Kontakt mit einigen dieser Substanzen neigt PE je nach Dichtegrad dazu, aufzuquellen. Dabei kann es unter Belastung zu Spannungskorrosion kommen. Hartpolyethylen und noch mehr Polypropylen hingegen sind härter und wesentlich resistenter gegen Chemikalien. Auf jeden Fall besteht für den Verpackungshersteller eine eindeutige Aufklärungspflicht gegenüber den Kunden, zum Beispiel durch entsprechende Hinweise in den Verkaufsunterlagen, Prospekten usw. Da die Preise der Kunststoffe unterschiedlich sind und auch mangelnde Detailinformation über das Verhalten der Kunststoffe möglich ist, kann es geschehen, dass ein preisgünstiger, aber nicht resistenter Kunststoff den Vorzug erhält. Dadurch wäre die Kindersicherheit auf Dauer nicht gewährleistet. Um Streitereien und teure Rückholaktionen zu vermeiden, empfiehlt sich eine frühzeitige Zusammenarbeit zwischen Verpackungshersteller und Abfüller. Denn: Die Norm ISO 8317 bleibt hier leider unbestimmt. Auch das Zertifizierungsinstitut prüft, ob das zu zertifizierende Gebinde eine Langzeitsicherheit bietet. Allerdings kann dies wegen der fehlenden Präzision der Normenbestimmung nur außerhalb des geregelten Bereichs (der eigentlichen Zertifizierung) geschehen. Neben einer händischen Prüfung durch sehr erfahrene Fachleute, einer Berücksichtigung des Materials sowie der Konstruktion werden
z. B. im Institut VerpackungsMarktforschung in Braunschweig zusätzliche Öffnungen durchgeführt. Ja nach der Häufigkeit der Nutzung des Gebindes werden 20 bis 50 Öffnungen und Wiederverschlüsse exakt nach der Öffnungsanleitung vollzogen und anschließend die kindergesicherte Eigenschaft des Gebindes erneut geprüft.
Da es sich allerdings um fabrikfrische Verschlüsse handelt, wie es die ISO 8317 vorschreibt, kann ein langfristiger Einfluss des Inhaltes im Institut in diesen Tests nicht erfolgen. Hierfür stehen andere Möglichkeiten offen. Darüber hinaus werden einige Packungen mit (leichter) Kraft geöffnet, um zu prüfen, wie widerstandsfähig die Packung gegen gewaltsames Öffnen ist. Alles zusammen fließt in die Beurteilung des Verschlusses ein. Die Dokumentation erfolgt entsprechend der Norm im nicht geregelten Teil des Gutachtens. Bei kritischem Verhalten der Packung wird der Hersteller informiert und Nachbesserungen eingefordert. Dies dient dazu, es dem Verpackungshersteller zu ermöglichen, der Forderung der Norm gerecht zu werden („…(sich) davon überzeugen, dass die Lebensdauer der kindergesicherten Verpackung die in der Praxis zu erwartende Höchstzahl der Öffnungs- und Schließvorgänge überschreitet, ohne dass die Kindersicherheit in untragbarer Weise beeinträchtigt wird.“ (ISO 8317). Leider ist die Norm auch in diesem Punkt nicht sehr konkret. Immerhin können analog zu den Grenzen einer erfolgreichen Prüfung, die in der Norm gestatteten (… bis zu ) 20% Öffnungen vor und nach Demonstration als Vergleich herangezogen werden. Eine weitere Frage drängt sich auf: Kann ein Mitarbeiter des Gewerbeaufsichtsamtes überhaupt feststellen, ob das Gebinde kindersicher ist oder nicht? Hierbei kommt es stark auf die Erfahrung an, denn ein Prüfen durch Aufdrehen, auch ein gewaltsames, kann nicht für die Bestätigung oder Ablehnung des Zertifikates herangezogen werden. Eine Konformität oder Nonkonformität ergibt sich nur aus den Normenprüfungen nach ISO. Allerdings kann jemand mit Erfahrung schon ein recht gutes Urteil beim Probieren abgeben, es handelt sich aber nicht um eine bindende Aussage. Wenn aber ein Verschluss z. B. durch Aufquellen zerstört ist, kann man das häufig auch ohne erneute Prüfung leicht feststellen. Er hat also grundsätzlich das Recht und die Pflicht zur Sperrung der Produkte im Verdachtsfall.
Kindersicherheit nur für bestimmte Altersgruppe
Die Kindersicherheit bezieht sich auf die Altersgruppe zwischen 42 und 51 Monaten. Auch wenn ein Teil der Kinder schon über erhebliche Kräfte verfügt, entspricht das in der Regel noch nicht der Kraft, die ältere Kinder aufbringen. Ein 10-jähriges Kind (unser Beispiel) verfügt in der Regel über genügend Kraft um den größten Teil der kindergesicherte Verpackungen öffnen zu können, zumindest aber um sie zerstören zu können. Die Altersgrenzen von 42 und 52 Monaten wurde gewählt, weil die meisten Unfälle mit Kleinkindern, an denen Verpackungen beteiligt sind, unter 5 Jahren alt ist, (vergleiche Grafik).Neben der Kindersicherheit muss eine zertifizierte Verpackung aber auch seniorengerecht sein. Die Prüfungen finden mit Personen zwischen 50 und 70 Jahren statt, 70% davon weiblich. Ein Verschluss darf daher nicht schwer zu öffnen sein, sondern mit „Trick“. Es handelt sich demnach häufig um Grenzfälle, wenn das Gebinde die kindersichere Eigenschaft durch Einfluss des Inhaltes verliert. Daher ist bei derartigen Reklamationen dem Verpackungshersteller ebenso wie dem Abfüller zu empfehlen, sofort eine normengerechte Prüfung der beanstandeten Packungen durch ein akkreditiertes Zertifizierungsinstitut durchführen zu lassen, zumindest als Teiltest. Das dient der exakten Feststellung des Status in Bezug auf die Normenkonformität und kann somit entscheidend für die Behandlung von Schadensersatzforderungen und/oder Haftpflichtschäden werden. Weiterhin ist eine sorgfältige Qualitätsprüfung und Dokumentation, hier der Abgleich der Öffnungskräfte der beanstandeten mit der zertifizierten Packung, notwendig. Vor allem aber geht es hier um Gesundheit und Leben kleiner Kinder. Daher ist eine kritische Betrachtung angebracht.
PackReport 10-2006
Interview zum Thema „Kindersichere Verpackungen"
Europaweite Regelungen über die Art und Weise der richtigen Verpackung mit Schutz für Kinder liegen durch die EU Richtlinien seit langem vor. Trotzdem kommt es immer wieder zu Streitigkeiten und Prozessen, weil Verpackungen von Gewerbeaufsichtsämtern als nicht kindersicher aus den Regalen des Fachhandels verbannt werden. PackReport sprach mit dem Experten Dr. Horst Antonischki aus Gifhorn.
PackReport: Wie kann es geschehen, dass trotz EU Richtlinien und Zertifikaten nach ISO bzw. DIN, kindergesicherte Verpackungen im Handel unter Umständen keine ausreichende Schutzfunktion mehr aufweisen?
Dr. Antonischki: Verpackungen für gefährliche Produkte durchlaufen eine ganze Reihe von Prüfungen, bevor sie für den Einsatz im Handel zugelassen werden. Für Prüfungen auf Dichtigkeit, Falltests usw., ebenso wie die Prüfungen auf Kindersicherheit werden aber praktisch immer die Verpackung ohne die Inhalte geprüft, die später in diese Gebinde abgefüllt werden. Daher ist es möglich, dass insbesondere Öle, Treibstoffe oder organische Lösungsmittel oder deren Ausdünstungen den Kunststoff der Verpackung langfristig angreifen. Beim Kontakt mit einigen dieser Substanzen neigt z.B. Polyethylen je nach Dichtegrad dazu, aufzuquellen. Da die Sicherungen an den Verpackungen gegen ungewolltes Öffnen durch Kleinkinder oft nur wenige Zehntel Millimeter stark sind, kann ein so veränderter Kunststoffverschluss seine Sicherheitsfunktion verlieren, obwohl alle Prüfungen erfolgreich absolviert wurden. Europaweite Regelungen über die Art und Weise der richtigen Verpackung mit Schutz für Kinder liegen durch die EU Richtlinien seit langem vor. Trotzdem kommt es immer wieder zu Streitigkeiten und Prozessen, weil Verpackungen von Gewerbeaufsichtsämtern als nicht kindersicher aus den Regalen des Fachhandels verbannt werden.
Für das Einhalten der Richtlinien in der Frage der nachhaltigen Sicherheit ist der Inverkehrbringer eines Produkts verantwortlich.
PackReport: Sind die Richtlinien und Normen also nicht wirksam genug?
Dr. Antonischki: Das kann ich so nicht bestätigen. Die 1999/45 EG, die so genannte Zubereitungsrichtlinie schreibt genau vor, welche Stoffe in kindergesicherten Verpackungen verpackt sein müssen. Wenn Sie sich im Handel umsehen, werden Sie auch bemerken, dass sehr viele Produkte die keine Kindersicherung erfordern, trotzdem in Verpackungen mit Sicherheitsverschlüssen angeboten werden. Die Abfüller zeigen sich in der Regel also verantwortungsbewusst. Entscheidend ist hierbei, dass zwischen Verpackungshersteller und dem Abfüller gefährlicher Haushaltschemikalien, Baubedarf und Automobilprodukten keine ausreichende Kommunikation stattfindet. Häufig ist auch der Stand des recht speziellen Wissens bei den Beteiligten nicht ausreichend.
PackReport: Was bestimmt die Zubereitungsichtline bei der Nachhaltigkeit der Sicherheit von Verpackungen?
Dr. Antonischki: Die Richtlinie verlangt eindeutig eine nachhaltig sichere Verpackung in Artikel 9 1.1: „Die Werkstoffe der Verpackungen und der Verschlüsse dürfen nicht so beschaffen sein, dass sie vom Inhalt angegriffen werden oder mit diesem zu gefährlichen Verbindungen reagieren können.“ „Die Verpackungen und die Verschlüsse müssen in allen Teilen so fest und stark sein, dass sie sich nicht lockern und allen bei der Handhabung auftretenden Belastungen und Verformungen zuverlässig standhalten.“ „Behälter mit Verschlüssen, die nach Öffnung erneut verwendbar sind, müssen so beschaffen sein, dass die Verpackung mehrfach neu verschlossen werden kann, ohne dass der Inhalt entweichen kann.“ Und weiter in § 9 1.3: „Behälter, die bestimmte, dem Anhang IV unterfallende Zubereitungen, die im Einzelhandel angeboten werden bzw. für jedermann erhältlich sind, enthalten, -mit kindergesicherten Verschlüssen versehen sind… Die Vorrichtungen müssen den technischen Anforderungen von Anhang IX Teile A und B der Richtlinie 67/ 548/ EWG entsprechen.“Diese Textstellen verlangen eindeutig nachhaltig kindergesicherte Verpackungen.
PackReport: Wie steht es mit den Normen?
Dr. Antonischki: Auch die Normen für kindergesicherte Verpackungen, wie die ISO 8317 oder die identische DIN EN 28317 regeln die Art und Weise der Prüfungen zur Konformitätsbestätigung genau. Allerdings zeigt die Norm an der für die entscheidende Stelle der Nachhaltigkeit der Kindersicherung eine Ungenauigkeit. Die Formulierung der Norm im Punkt 3.2 lautet: „Vor der Prüfung wieder verschließbarer kindergesicherter Verpackungen muss sich sowohl der Hersteller als auch der Befüller davon überzeugen, dass die Lebensdauer der kindergesicherten Verpackung die in der Praxis zu erwartende Höchstzahl der Öffnungs- und Schließvorgänge überschreitet, ohne dass die Kindersicherheit in untragbarer Weise beeinträchtigt wird.“ (**) Die Formulierungen „zu erwartende Höchstzahl der Öffnungs-und Schließvorgänge“ sowie „untragbare Weise beeinträchtigt“ sind absolut nicht präzise genug, um einen formalen Test durchführen zu können. Wir im Institut VerpackungsMarktforschung versuchen, dieser Forderung der Norm trotzdem gerecht zu werden. Neben einer händischen Prüfung durch sehr erfahrene Fachleute, einer Berücksichtigung des Materials sowie der Konstruktion der Verpackung werden z. B. zusätzliche Öffnungen durchgeführt. Ja nach der Häufigkeit der Nutzung des Gebindes werden 20 bis 50 Öffnungen und Wiederverschlüsse exakt nach der Öffnungsanleitung vollzogen und anschließend die kindergesicherte Eigenschaft des Gebindes erneut geprüft. Da es sich allerdings um fabrikfrische Verschlüsse handelt, wie es die ISO 8317 vorschreibt, kann ein langfristiger Einfluss des Inhaltes im Institut in diesen Tests nicht erfolgen. Das führen wir in zusätzlichen Untersuchungen außerhalb des geregelten Bereichs auf Wunsch durch.
Definitionen und Hinweise Kindergesicherte Verpackung: |
PackReport: In diesem Zusammenhang taucht nun die entscheidende Frage auf: Wer ist denn verantwortlich dafür, dass die Richtlinien in der Frage der nachhaltigen Sicherheit eingehalten werden?
Dr. Antonischki: Die Richtlinie 1999/45 EG legt das eindeutig fest. Verantwortlich ist der Inverkehrbringer, also derjenige, der ein Produkt in den Handel bringt. Das ist ja auch nur logisch, denn nur der Abfüller kennt die Inhalte der Produkte genau. Der einfachste Weg um die Langzeitwirkung des Inhalts auf die Verpackung zu prüfen, besteht aus einem Versuch, in dem befüllte Verpackungen im Wärmeschrank Temperaturen zwischen 40 und 70 Grad über einige Tage oder gar Wochen ausgesetzt werden. Dadurch wird eine längere Lagerzeit simuliert. Schäden durch Inhaltsstoffe in der Verpackung lassen sich so ohne viel Aufwand gezielt feststellen. Auch der Verpackungshersteller ist verantwortlich, so z.B. für eine korrekte Zertifizierung von Verpackungen, die er als kindergesichert anbietet. Er hat darüber hinaus Sorgfalts- und Aufklärungspflichten gegenüber seinen Kunden über die Beeinflussbarkeit seiner Verpackungen durch bestimmte Inhalte. Weiter muss er sicher stellen, dass die Konstruktion des Trickverschlusses ausreichend stabil ist, um die Eigenschaft der Kindersicherheit über eine längere Nutzungsdauer zu erhalten. Aus diesen unterschiedlichen Verantworlichkeiten ist eine frühzeitige Zusammenarbeit und gemeinsame Kontrolle durch den Zertifizierer, Verpackungshersteller und Abfüller empfehlenswert.
EU-Richtlinien
Richtlinie 67/548 EWG Anhang IX (Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe)
Richtlinie 1999/45/EG (Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Zubereitungen) Zubereitungsrichtlinie, in England unter „CHIP III“ bekannt.
Nachzulesen unter www.europa.eu.int/eur-lex/. oder www.ivm-childsafe.de/ Gesetze EU-Richtlinien
PackReport: Was würden Sie als Zertifizierer von kindergesicherten Verpackungen als Lösung vorschlagen?
Dr. Antonischki: Eine größere Sicherheit brächte zunächst eine Präzisierung der Nachhaltigkeit im Rahmen der Normen. So könnte z.B. eine eigenständige ergänzende Norm sehr hilfreich sein. In dieser sollten einige Produktarten, die besonders aggressiv auf Kunststoffe wirken und die Nachhaltigkeit von Kindersicherungen außer Kraft setzten, definiert werden. Ferner müssen darin Tests festgelegt werden, mit denen die Chemikalienresistenz von Verpackungen neutral geprüft werden kann, z.B. Wärmeschrankversuche nach einheitlichen Regeln mit definierten Prüfstoffen. Das würde eine größere Produktsicherheit ergeben und die Haftungsfrage eindeutig regeln. Solange kein normiertes Prüfverfahren existiert, bleibt nur eine enge Abstimmung aller Beteiligten als Lösung.
PackReport: Danke für das Gespräch!
Mit Dr. Antonischki sprach Carlos Lange-Prollius,
Leitender Redakteur von PackReport